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APO gegen ParkpläneAuf Lärmdemo im Wiesenmeer

Beim Jahresfest zur Öffnung des Tempelhofer Feldes protestieren Bürger gegen die Bebauungspläne - in einer kuriosen Allianz.

Da ziehen sie aufs Feld: die "Lärmdemo" am Sonntag. Bild: dpa

Es rasselt, trötet, scheppert, vuvuzelat. Die rund 400 Protestler, die durch den Neuköllner Schillerkiez ziehen, machen mächtig Radau. Ihr Ziel: das Tempelhofer Feld. „Lasst die Wiese Wiese bleiben“, kündet das knallgelbe Transparent der „Lärmdemo“.

Vor zwei Jahren wurde das Tempelhofer Feld geöffnet – deshalb hat der Senat am Sonntag zum „Parkfest“ geladen. Dem folgen nicht nur tausende Sonnenbader, Spaziergänger und Griller, sondern auch eine kuriose Allianz von Protestlern, die ein Anliegen eint: die künftige Bebauung des Feldes verhindern.

Direkt gegenüber dem Info-Pavillon der Parkleitung haben die Gegner ihren Stand aufgebaut. Das große gelbe „100 Prozent“ auf dem Transparent der Bürgerinitiative leuchtet in der Sonne. Daneben sitzt Hermann Barges. „Schauen Sie sich um“, sagt der Schillerkiezler. „Die Leute lieben das Feld, so wie es ist.“ Es sei „Blödsinn, ein öffentliches Gelände mit öffentlichen Geldern kaputt zu machen“.

Im letzten Herbst fand sich die Initiative zusammen, mit einem Volksbegehren wollen sie alle Parkpläne des Landes stoppen – die für 2017 geplante Internationale Gartenausstellung (IGA) inklusive. Ihr Gesetzentwurf werde seit Monaten von der Senatsverwaltung geprüft, klagt Barges. Erst danach könne man Unterschriften sammeln.

Neben Barges steht Hannes Gomme. 2008 kämpfte der Tempelhofer noch für die Offenhaltung des Flughafens. Aber: „Die alten Grabenkämpfe sind beigelegt.“ Nun gelte es, „die Begehrlichkeiten an dem Gelände“ abzuwehren, sagt Gomme. Der Flughafen sei ein „Weltkulturerbe“, das so erhalten bleiben müsse.

Parkmanager Michael Krebs im Pavillon gegenüber sieht das anders. „Ich glaube, wir haben die besseren Argumente.“ Befragungen von Parkbesuchern hätten gezeigt, dass diese sehr wohl Bebauung wollten: Spielplätze, Bänke, Gastronomie. Und Krebs beteuert, das „Wiesenmeer“ bleibe ja erhalten, Bebauung finde nur am Rand statt. Ob für hochpreisiges oder soziales Wohnen – das sei noch gar nicht entschieden.

Am Nachmittag ist es dann die linke Protestklientel, die sich auf der „Lärmdemo“ zusammenfindet, aber auch Anwohner sind dabei. Eigentlich sei er „nicht so der Demo-Typ“, sagt ein Familienvater. Aber gegen die Verdrängung der „Ureinwohner“ am Feldrand brauche es ein Zeichen. Sein Leben lang lebe er im Schillerkiez, letztes Jahr sei seine Miete um fast 20 Prozent erhöht worden. Eine Demo-Mitorganisatorin sagt, sie habe weder Lust auf Eintritt für das Feld wie auf der IGA, noch auf "teure Bio-Häuser", die die Mieten hochtrieben.

Am Ende zieht der Tross aufs Feld, die Sonnenbader schauen verdutzt. Parkmanager Michael Krebs steht da immer noch in seinem Pavillon. Er hoffe ja, sagt er, dass sich auch die Protestler noch „von den tollen Plänen“ überzeugen ließen.

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6 Kommentare

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  • S
    Sebastian

    Sehe ich genauso! Beteiligungsmodelle umkrämpeln und nicht das Feld. Her mit dem Volksbegehren!

  • R
    rosalie

    Liebe Taz,

     

    ich bin sehr enttäuscht von diesen Artikel. Sogar die Polizei spricht von 600 bis 700 Demonstranten, die Organisatoren haben zwischenzeitlich sogar 1000 Symphatisanten gezählt, nach eurer Schätzung waren es aber leider nur "rund 400 Protestler".

     

    Und was heisst denn bitte "kuriose Allianz", gehören engagierte Anwohner_innen, die sich für Mitbestimmung in ihren Kiez einsetzen, etwa zu einer merkwürdigen Spezies, die man ab und zu auf freier Wildbahn erleben kann?

     

    Wohnt ihr etwa nicht zumeist in Kreuzberg und Neukölln und seit ihr etwa nicht von Mietsteigerungen betroffen? Oder habt ihr etwa so üppige Gehälter, dass Eure Interessn nur auf die Wertsteigerung der gerade erworbenen Eigentumswohung abzielen?

     

    Des Weiteren wäre es sicherlich kein großer Aufwand gewesen den aktuellen Planungsstand, welchen man auf der Firmenwebseite der Tempelhofer Freiheit abrufen kann, zu verlinken und kurz zu erläutern. Wie man auf Seite 3 des folgenden PDF sehen kann,ist "Rand" ein weit gefasster Begriff.

     

    http://www.tempelhoferfreiheit.de/fileadmin/user_upload/Ueber_die_Tempelhofer_Freiheit/Planung/Planungsstand/THF_Entwicklung_der_Parklandschaft_2012.pdf

     

    Es ist schon schade, dass man kritische und subersive Artikel über Berlin eher in den Zeitschriften von Mieterorganisationen, als auf der Seite von der Taz findet.

     

    Das war früher mal anders!

     

    Was ist passiert?

     

    x

  • DP
    Dietmar Pahlseck

    Wenn ich schon höre "Wir wollen ja nur am Rand bauen...". Die Weite auf dem Tempelhofer Feld entsteht doch genau, weil man über die Ränder hinaus blicken kann. Aus dem gleichen Grund sind ja auch Bäume in größerer Zahl Schwachsinn. Und außerdem: Wehret den Anfängen! Ist erst eine Sache gebaut, foglen schenll weitere. Vor allem bracuht es dort keine 450 Mio. Euro +X megateure Landesbibliothek. Schon schlimm genug, dass der BER und seine Verzögerung mind. soviel teurer wird. Das Feld kann in der Tat ein paar Spielplätze (für große udn kleine) kriegen aber dann ist auch gut.

  • T
    Treu

    Es spricht ja garnichts für kleine temoräre Projekte, die die Lebensqualtität auf dem Feld erhöhen. Mal ne Kletterwand hier, oder eine Asphaltbahn für Skater dort - Ideen gibt es viele und die Bürger würden sich gerne daran beteiligen.

     

    Stattdessen soll das Feld den Heuschrecken freigegeben werden. Und die Berliner bezahlen am Ende zig Millionen für eine Infrastrucktur, an der sie nur noch bedingt teilhaben dürfen.

  • A
    achimus

    Furchtbar was die da planen.

     

    Hier soll ein einzigartiges Biotop und Kulturdenkmal für die Profite von Investoren und Baufirmen verschachert werden.

     

    Am Ende ist das ne Gegend für Reiche und deren geschmacklosen Rummelplatz-Gastronomie-Wellness-Lifestyle.

  • J
    Jenny

    Wir wollen unterschreiben!

     

    Die Projektplaner im Auftrag des Senats verschwenden in der Regel wahnsinnig viele Steuergelder, um Flächen in der Stadt zu ruinieren.

     

    Man denke nur an den 24 Mio. Euro (!) teuren Gleisdreieckpark, für den die senatseigen Firma "Grün Berlin" unbegreiflicherweise bestehende wertvolle Bäume gefällt und andere Natur platt gemacht hat, nur um extrem teuer (!) einen bescheuerten, sterilen, sehr pflegeintensiven (Grasflächen), schattenarmen Betonwegepark zu "kreieren". Dafür hat die befreundete Bauindustrie schöne Aufträge gekriegt. Und darum scheint es ja zu gehen.

     

    Am Tempelhofer Feld geht es außerdem noch um die schönen Grundstücke, mit denen der Senat viel Geld machen will.

     

    - Das er dann für den Großflughafen BBI verschwendet, weil Wowereit und Platzeck (SPD) zu doof sind, um eine Großprojekt ordentlich zu beaufsichtigen (Aufsichtsrat), damit es rechtzeitig fertig wird. Für die Schadensersatzzahlungen solen ja ca. 1 Milliarde Euro fällig werden. DANKE SPD!

     

     

    Außerdem: Die BürgerInnen sollen betr. Tempelhofer Feld wieder nur pro forma gefragt werden, was sie wollen und am Ende wird - wie immer- gemacht, was die Senatsmitglieder mit Wowereit von Anbeginn in Hinterzimmern ausgeklüngelt hatten.

     

    Das Schlimme: Die Stadtnatur wird regelmäßig zerstört und insgesamt in Berlin reduziert. Es werden massenweise Steuergelder verschwendet und die Stadt wird immer häßlicher und in keinster Weise der Klimaerwärmung angepasst.

     

    Und die Leute werden jahrelang in Pseudo-Bürgerbeteiligungs Runden tischen etc. verarscht und gehen anschließend noch seltener zur Wahl.

     

    Das Volksbegehren 100 % Tempelhof soll endlich zugelassen werden!

     

    Wir wollen unterschreiben!