APARTHEID-KLAGEN: FÜR REALPOLITIK IST ES NIE ZU SPÄT : Kapitalflucht wird zu teuer
Es klingt so wundervoll: Apartheidopfer verklagen die Profiteure der südafrikanischen Rassendiskriminierung auf Entschädigung. Kein Geringerer als Ed Fagan, Held von Juden und Zwangsarbeitern bei der finanziellen Aufarbeitung des Nazi-Unrechts, tritt nun auch für die unterdrückte schwarze Bevölkerungsmehrheit in Südafrika ein. Die in New York begonnene Sammelklage müsste eigentlich ein leuchtender Höhepunkt der weltweiten Vergangenheitsbewältigung sein.
Seltsam nur, dass Südafrikas ANC-Regierung das Verfahren ablehnt. Die Führer des gewaltfreien Kampfes gegen das Apartheidsystem sperren sich gegen einen Prozess, der den Leid Tragenden Gerechtigkeit widerfahren lassen soll. Die Argumente auf beiden Seiten sind kurios: Südafrikas Regierung macht geltend, der Versuch finanzieller Reparationen für die Apartheid sei eine „Entwertung des Kampfes“, und ausländische Gerichte sollten sich aus innersüdafrikanischen Angelegenheiten heraushalten. Ed Fagan wiederum meint, mit ihren Stellungnahmen würde die Regierung die Bürgerrechte von Südafrikanern verletzen. Die Profiteure, um die es eigentlich gehen sollte, können als lachende Dritte zusehen, wie sich zwei Parteien einen unwürdigen Schaukampf darüber liefern, wer der schönste Opferanwalt sei.
Dabei ist das Dilemma relativ einfach. Wenn milliardenschwere Reparationsforderungen an die internationale Geschäftswelt unerledigt im Raum stehen, wird kein ausländisches Kapital nach Südafrika fließen, weil Investoren dann Angst vor einer Pfändung haben müssen – und der Nachbar Simbabwe zeigt, in welches Chaos das führen kann. Angesichts einer explosiven sozialen Situation in den Townships, wo die Arbeitslosigkeit steigt und Aids soziale Strukturen zerstört, kann sich Südafrika eine Kapitalflucht nicht leisten. Die beste Bewältigung der Apartheid würde darin bestehen, dass das Geld, was einst daran verdient wurde, nun wieder nach Südafrika zurückfließt und Perspektiven für die gesamte Bevölkerung schafft. Dazu braucht es Regeln für Investoren, keine Gerichtsverfahren in den USA. DOMINIC JOHNSON