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Archiv-Artikel

AMERICAN PIE Einsamer, alter Sack

NBA Nach seinen rassistischen Ausfällen distanzieren sich nicht nur diverse Sponsoren von L.-A.-Clippers-Eigner Donald Sterling, auch die Familie entsagt dem Patriarchen

Nein, sie selbst sei keine Rassistin, betonte Rochelle Sterling im Gespräch mit TV-Reporterin Lisa Salters abseits des Mikrofons. So erzählte es Salters während der Partie der Los Angeles Clippers bei den Golden State Warriors am vergangenen Sonntag. Sie missbillige die Äußerungen ihres Ehemanns und Clippers-Besitzers.

Ob es denn nun wirklich ihr Gatte Donald sei, der da auf diesem Mitschnitt eines Telefonats gegen Afroamerikaner wettert, das mochte sie dann aber doch noch nicht bestätigen, ehe das Band nicht „untersucht“ wurde. Echte Beweise der Authentizität der Aufnahmen stehen indes tatsächlich noch aus, auch wenn die Promi-Klatsch-Website tmz mittlerweile meldete, NBA-Juristen hätten zweifelsfrei Sterlings Stimme identifiziert.

Mutmaßlich wurde das Band den Medien von Sterlings Freundin, öffentlich nur als „V. Stiviano“ bekannt, zugeschanzt. Es wird über einen Erpressungsversuch spekuliert – aus Rache für eine Klage von Sterlings Frau, die sie des Diebstahls von 1,8 Millionen Dollar aus dem Familienvermögen beschuldigt. Angeblich soll die mittlerweile Verflossene rund 100 Stunden Telefongespräche aufgenommen haben. Ebenso rätselhaft scheint das mindestens seltsam anmutende Dreiecksgespann aus Sterling, Ehefrau und Geliebter, mit denen sich der alte Herr lange abwechselnd sehen ließ.

Derweil hat sich auch Schwiegersohn Eric Miller, Sportdirektor der Clippers, vom Familienpatriarchen distanziert: „In unserer Gesellschaft gibt es keinen Raum für Rassismus. Wenn mich meine Meinung nun meinen Job kostet, so wäre das nur ein kleiner Preis für ein Zeichen gegen Ignoranz und Hass.“ Joanna Sterling Miller ergänzte: „Ich bin schockiert und angewidert von den Äußerungen auf den Aufnahmen.“ Mit dem Chumash Casino, dem Autohändler CarMax und der Fluglinie Virgin America haben sich zudem bereits drei Sponsoren des Klubs umgehend zurückgezogen, Weltunternehmen wie Autobauer Kia wollen vorerst nicht im Zusammenhang mit dem Klub werben. Dabei war Sterlings Gesinnung ein offenes Geheimnis. Es gilt als Vermächtnis vom langjährigen NBA-Chef David Stern, dass trotz mehrfacher mindestens unappetitlicher Vorfälle abseits des Sports vonseiten der Liga nichts gegen Sterling unternommen wurde.

Sterling hatte den Klub bereits 1981 übernommen. Dass der heute 80-Jährige auch Freundinnen mit in die Clippers-Umkleide gebracht haben soll, auf dass sie sich an den „makellosen schwarzen Körpern“ seiner Spieler ergötzen mochten, war kein Geheimnis, ebenso die Wunschvorstellung von einem weißen Südstaatencoach, der den schwarzen Akteuren „sagt, wo es langgeht“. Viele Klubbesitzer und Liga-Offizielle sollen ob der Vielzahl an Verfehlungen schon seit Jahren auf eine irgendwie geartete Ablösung oder Bestrafung Sterlings gehofft haben.

Geldstrafen oder Sperren für Klubbesitzer sind nicht unüblich. Die meist schwerreichen Eigner sind über Umwege die Arbeitgeber des NBA-Chefs, können aber suspendiert werden, wenn sie sich „ungebührlich“ und „nicht im Sinne der besten Interessen des Spiels“ verhalten. So wurde beispielsweise vor Jahren einmal Jerry Buss, der mittlerweile verstorbene legendäre Chef der Los Angeles Lakers, nach einer volltrunkenen Autofahrt kurzzeitig gesperrt.

Sterlings Fall dagegen ist ein Novum. Die Sachlage ist schwierig, eine harte Sanktionierung wohl eine juristische Hängepartie. Einen rechtmäßigen Besitzer im Extremfall zu enteignen scheint fast unmöglich. „Das wäre ein Himmelfahrtskommando“, analysiert der meinungsfreudige Mark Cuban, Besitzer der Dallas Mavericks, die Lage. Ein potenzieller Interessent hat sich trotzdem schon in Stellung gebracht: „Er ist hundertprozentig überzeugt, dass es klappen könnte“, sagen Insider.

Die Rede ist von Lakers-Legende Magic Johnson, mittlerweile umtriebiger Geschäftsmann. „Solange Donald Sterling den Clippers vorsteht, werde ich kein Spiel der Mannschaft mehr besuchen“, hatte die Spielmacher-Ikone jüngst angekündigt. Mit einem Kauf des Rivalen könnte er nun zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. DAVID DIGILI