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Archiv-Artikel

ALEXANDRA MOSTYN ÜBER TSCHECHISCHE SKANDALE Die Stunde der Paten

Nagygate, wie die Abhöraffäre um Ministerpräsident Petr Necas und Jana Nagyová inzwischen genannt wird, zeigt die Tschechische Republik als mitteleuropäisches Absurdistan. Erst macht Necas Polizei und Staatsanwaltschaft den Weg für den Kampf gegen Korruption frei, dann wird er selbst zum Opfer dieses Kampfes.

Necas war trotz seines Postengeschachers ein für tschechische Verhältnisse anständiger Politiker. Jetzt ist der tiefgläubige Saubermann über die Intrigen seiner Geliebten gestolpert, die es zudem noch geschafft hat, zwei gestandene, hochrangige Militärs in ihre Spielchen einzuwickeln. Einer gewissen Komik entbehrt die ganze Geschichte jedenfalls nicht.

Aber auch nicht einer gewissen Tragik. Nagygate ist ja nur das Nebenprodukt von eineinhalb Jahren Polizeiarbeit. Deren Ziel war es ursprünglich, die sogenannten Paten dingfest zu machen: windige Geschäftsleute, die sich ihre eigenen Politiker halten und sie wie Marionetten an den Fäden ziehen, um so an lukrative, oft überteuerte Staatsaufträge zu kommen. Die Paten sind noch immer auf freiem Fuß. Manche von ihnen haben sich vorsichtshalber in ihre Villen im Ausland abgesetzt, sie wissen spätestens jetzt, dass die Polizei seit eineinhalb Jahren an ihnen dran ist.

Mehr noch: Martin Kuba, derzeitiger Favorit für die Necas-Nachfolge in Partei und Regierung, hat noch nie eine Wahl gewonnen, ist dafür aber im Windschatten eines südböhmischen Provinzpaten groß geworden. Das System aus Korruption und Klüngelei, das die ganze, großangelegte Aktion eigentlich bekämpfen wollte, könnte – auch dank Necas’ Rücktritt – neu erstarken. Wird Kuba der nächste Regierungschef, dürften die Paten die Korken knallen lassen: ein paradoxes Ergebnis des tschechischen Kampfes gegen Korruption.

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