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AKWs und StrompreiseAtomausstieg - na und?

Die Abschaltung zahlreicher AKWs hat an der Strombörse kaum zu Preissteigerungen geführt. Auch die Preiserwartungen der Stromhändler bleiben moderat.

Stabile Preise auch nach AKW-Abschaltungen: Stromleitungen. Bild: Photocase / designritter

FREIBURG taz | Macht der Atomausstieg den Strom knapp und damit teuer? Die Händler an der Strombörse glauben offenbar nicht daran, denn dort haben sich die Preise seit Fukushima nur wenig verändert. Und das, obwohl seit März mindestens 8 Atommeiler stillstehen und auch in Zukunft in Deutschland nur noch maximal 9 statt bisher 17 Reaktoren laufen.

An der Leipziger Strombörse EEX gibt es derzeit jedenfalls keine Anzeichen für eine Knappheit. Der sogenannte mittlere Baseloadpreis, der die Angebots- und Nachfragesituation des Folgetages abbildet, lag im zweiten Quartal 2011 bei moderaten 53,61 Euro je Megawattstunde - nach 51,85 im Quartal davor.

Während also die Regierung gerade das Atommoratorium verhängte, wurde die Kilowattstunde um nicht einmal 0,2 Cent teurer gehandelt als in den vorangegangenen drei Monaten. Dabei lieferten im Mai zeitweise 13 von 17 Atomkraftwerken keinen Strom.

An der EEX werden auch Lieferkontrakte für künftige Jahre gehandelt. An diesen lässt sich die langfristige Preiserwartung ablesen. Der Futurekontrakt für 2012 etwa zeigt, ob die Händler im kommenden Jahr mit einer Verknappung des Stroms rechnen. Am letzten Handelstag vor dem Erdbeben und dem Tsunami in Japan wurde eine Megawattstunde, die im Jahr 2012 geliefert wird, für 53,20 Euro gehandelt. In der Woche darauf, als sich der Schwenk in der deutschen Atompolitik schon andeutete, stieg der Preis auf 58,15 Euro und erreichte am 4. April, gut drei Wochen nach dem Beben, gar den Wert von 60,60 Euro.

Nicht mehr als Peanuts

Im Vergleich zur Zeit vor dem Atomunfall war der Strompreis somit um gut 0,7 Cent je Kilowattstunde gestiegen. Doch selbst dieser mäßige Preisanstieg hat sich am Strommarkt nicht lange gehalten.

Obwohl das Ausstiegsgesetz nun tatsächlich verabschiedet ist, hat sich die Preiserwartung der Händler offenbar schon wieder relativiert: Der Terminmarkt beendete die vergangene Woche mit einem Wert von 56,90 Euro pro Megawattstunde für das Jahr 2012 - nur 3,70 Euro mehr als vor Fukushima. Pro Kilowattstunde macht das gerade 0,37 Cent aus.

Am Ende sind das nicht mehr als die berühmten Peanuts. Denn wenn man berücksichtigt, dass der Strompreis für Lieferungen im Jahr 2012 in den letzten Jahren auch ohne Fukushima und energiepolitische Kehrtwenden zwischen 50 und 90 Euro je Megawattstunde schwankte, dann liegen die Preiserwartungen der Stromwirtschaft derzeit sogar eher im unteren Bereich.

Zu einem ähnlichen Fazit gelangte der Leverkusener Energieexperte Gunnar Harms in einem Gutachten für die Bundestagsfraktion der Grünen: "In 2011 darf es zu keinen Preiserhöhungen mit der Begründung gestiegener Beschaffungskosten durch die Stilllegung von AKW kommen." Auch für 2012 seien Preiserhöhungen mit dem Atomausstieg "im Normalfall nicht zu begründen". Letztlich sei für den Strompreis eine faire Preisbildung an den Gas-Terminmärkten von höherer Bedeutung als die Stilllegungen von Atomkraftwerken.

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12 Kommentare

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  • O
    Oberfranken

    @NikQ: Im Moment ist es ja eher so, dass ich für Energie teuer zahlen muss, obwohl es andere Wege geben würde. Das ist Geld, dass viele Menschen nicht haben. Ich bin Wissenschaftler und muss sagen, dass es mir (nicht auf jeden Cent) ankommt.

    Weltweit kann man sagen, dass Deutschland die technologisch besten Reaktoren hat, erklären Sie mir bitte wissenschaftlich, warum ein in Deutschland stehender Reaktor "hochgehen" soll. Allerdings, ich weiß nicht, fahren Sie ein Auto? Können Sie mir garantieren, dass Sie niemals einen Menschen mit Ihrem Fahrzeug verletzen oder töten? Können Sie mir garantieren, dass, vorausgesetzt Sie haben Kinder, Sie immer in der Lage sind, dass diesem Kind nichts passiert?

    Im Moment, fahren wir als (ehemals) hochtechnologisches Land unsere alten Kohlemühlen hoch, wie viele Menschen sterben oder erkranken durch den immer vorhandenen CO2-Ausstoß, wie viele Menschen sterben oder erkranken bzw. verhungern durch die Klimaerwärmung? Viele Menschen in Asien (denn dort stehen die großen Fertigungen) erkranken bei der Fertigung von Solarzellen, ist Cadmium kein Gift? Reichert sich das dort nicht auch im Boden / Trinkwasser an? Der Abfall ist und bleibt ein Problem, da braucht man nicht darüber diskutieren. Allerdings muss ich sagen, wenn man fordert, dass Reaktoren sofort von Netz gehen sollen, obwohl sich durchschnittlich noch 180Tage Abbrandzeit hätten, kann man mir nicht sagen, dass Sie dann der Abfall wirklich interessiert. Vollkommen abgebrander Kernbrennstoff enthält noch mehr Strahlung und noch problematischere Nuklide.

  • N
    NikQ

    @oberfranken: und wenn ein akw hochgeht, sterben nur die atomkraft-beführworter? zahlen Sie alleine die nächsten 100.000 jahre die lagerung der strahlenden abfälle?

    erklären sie uns bitte ihr persönlichkeitsrecht, auf kosten anderer zu leben!

  • O
    Oberfranken

    @Urgestein:

    Wie ich lese, sind Sie der Meinung, dass die Kernenergie Milliarden-Subventionen erhält. Mein Nachbar hat eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach. Er kriegt für die Einspeisung 35Cent/kWh. Bezahlen tut der Stromkunde im Schnitt zwischen 20 und 23 Cent/kWh. Diese Differenz íst klar eine staatliche Subvention. Allerdings, dass muss ich sagen, wenn er diese nicht bekommen würde, dann hätte er keine Anlage auf dem Dach, da sich dann das ganze nicht mehr rentiert.

     

    @JanG: Ich schlage vor, dass die von Ihnen genannten 7 Millionen € einfach von den Atomgegnern aufgebracht werden, denn ich fühle mich heute schon in meinem Recht auf Persönlichkeit verletzt, wenn ich da etwas mitzahlen soll.

  • S
    Sven

    Hirn einschalten.

    Deutschland ist Stromexporteur, wir haben billigen Kohle- und Atomstrom. Kohle soll in Zukunft weniger verbraucht werden, oder es wird alternativ woanders CO2 eingespart werden müssen. Natürlich wird das Geld kosten, dass man mit Atomstrom nicht ausgeben müsste. Dann könnte man einige Kohlekraftwerke abschalten und weniger Strom exportieren.

     

    Typische Michmädchenrechnung bzw. Propagandakonstruktion der Atomkraftgegner.

  • JK
    Juergen K.

    Mir ist ein Rätsel,

     

    wie aus

     

    60 Euro pro Tausend kWh an der Börse

    300 Euro auf meiner Rechnung werden.

     

    Muss wohl Soziale Marktwirtschaft sein.

     

    Kann auch sein, dass die Altersarmen und Hartzisten

    die Aluminium Karossen von Audi und Co erst billig machen.

     

    Von Armuts-Menschen bezahlter Luxus-Wohlstand.

  • J
    JanG

    @Mondi1234

     

    Das ist natürlich die beste Art, sich sein Weltbild zu bewahren: alle Argumente, die nicht dazupassen werden einfach ignoriert und als Unsinn resp. Lobbyarbeit abgetan. Frei nach dem Motto: ich mache mir die Welt widewidewitt sie mir gefällt.

  • M
    Michael

    Wie Sie schon richtig dargestellt haben, schwanken die Kurse an den Terminmärkten in Abhängigkeit von verschiedenen fundamentalen und psychologischen Faktoren, welche sich überlagern können. Dementsprechend stellt der Preisansteig, unmittelbar nach dem bekannt werden der Regierungspläne, eine gute Näherung für den Netto-Effekt der AKW-Abschaltungen dar (ca. 7€/MWh in 2012).

     

    Aus einem Vergleich über einen längeren Zeitraum (z.B. bis heute) Rückschlüsse auf den Einfluss der AKW-Abschaltungen zu ziehen ist, höflich formuliert, methodisch fragwürdig. Inzwischen haben sich nämlich andere Faktoren (z.B. CO2-Preise) deutlich verändert.

     

    Die 7 €/MWh erscheinen zunächst gering, besonders wenn man sie auf die kWh runter rechnet (0,7 ct/kWh). Umgerechnet auf die innerhalb eines Jahres in D verbrauchte Strommenge (ca. 550 TWh) ergeben sich aber Mehrkosten von ca 3,8 Mrd. € ... mehr als ein Drittel vom gesamten Etat des Bundesforschungsministeriums und zumindest in meinen Augen keine Peanuts... aber bei der taz denkt man da wohl in anderen Dimensionen ;)

  • M
    Mondi1234

    @JanG: Habe noch was übersehen, der Autor ist sogar Ehrenmitglied der Kerntechnischen Gesellschaft (http://www.ktg.org/ktg/de/veranstaltungen/2010_11_09_veranstaltung.php)

  • M
    Mondi1234

    @JanG: Da der Autor der von dir angegebenen Quelle, Prof. Dr.-Ing. Helmut Alt, bei der RWE Rhein-Ruhr AG arbeitet ist es nicht verwunderlich, dass er mit solchen Zahlen um sich wirft.

  • U
    Urgestein

    Schon Anfang April stellte das Umweltbundesamt fest, dass es aus versorgungstechnischer Sicht keine Notwendigkeit für Stromimporte nach dem Abschalten der ältesten 7 Atommeiler gibt. Dass Strom dennoch importiert wird, liegt allein daran, dass es für die Stromkonzerne billiger ist, Atomstrom aus dem Ausland zu importieren, als ihn selber auf andere Art in Inland zu erzeugen. Eine technische "Versorgungslücke", eine Abhängigkeit vom Ausland in der Stromversorgung, ist also nicht gegeben.

     

    http://www.verivox.de/nachrichten/umweltbundesamt-haelt-stromimporte-fuer-unnoetig-72307.aspx

     

     

    Würde der Strom weiter mit Atomanlagen im eigenen Land produziert, würde der deutsche Steuerzahler jedoch weit mehr drauflegen, als die läppischen 7 Mio Euro pro Tag. Die Subventionierung des Atomwahnsinns ist nämlich ein Milliardengeschäft.

  • J
    JanG

    Die Mehrkosten für die Strombeschaffung liegen seit dem 17.3. bei rund 7 Mio Euro täglich. Das sind Kosten, die nicht im Strompreis verrechnet werden, sondern die uns als Rechnung von den Stromlieferern (FR und CZ) gestellt werden.

     

    Solange unser Wohlstand in Deutschland nicht

    aufgebraucht ist, können wir das durchstehen.

    Wie lange es tragbar ist, aus rein emotionalen

    Gründen pro Tag 7 Mio. € einfach nutzlos - ohne

    Zuwachs an Wertschöpfung - zusätzlich

    auszugeben, wird die Zukunft erweisen.

     

    (http://www.alt.fh-aachen.de/downloads//Vortraege/KTG%20Berlin%20Energiekonzept%2019.05.2011.pdf)

  • V
    vic

    Die meisten deutschen AKS waren und sind noch in Betrieb um Profite zu erzielen, nicht um "billigen und sauberen" Srom zu liefern.

    Hübsch sehen sie aus, die Stromlücken und Mondpreis-Apokalyptiker mit heruntergelassenen Hosen.