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Archiv-Artikel

AKW BIBLIS: EIN ANTRAG, DER NUR ABGELEHNT WERDEN KANN RWE setzt auf Streit in der Regierung

Dieser Antrag ist genau der richtige zur richtigen Zeit. Der Stromerzeuger RWE will sich bei der Bundesregierung die Laufzeit seines Atomkraftwerkes Biblis A verlängern lassen. Statt, wie es im Atomkonsens festgelegt ist, den ältesten Reaktor Deutschlands im nächsten Jahr vom Netz zu nehmen, will ihn die RWE AG bis 2011 weiter betreiben. Was der Konzern bislang immer nur ankündigte, ist nun Realität: Der Antrag ist da. Und er muss beschieden werden.

Unternehmensteuer, Kombilöhne, vor allem die Gesundheitsreform – die schwarz-rote Regierung ist zerstritten. Nun beschert RWE dem Kabinett noch eine weitere Front. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel und der erstarkte Umweltflügel der SPD hatten in den Koalitionsverhandlungen immer wieder klar gemacht, dass der Atomausstieg zwingend ist. Die Union wiederum ist angesichts des Dauergefechts sowohl in den eigenen Reihen als auch mit der SPD auf historisch schlechte Umfragewerte gesunken. Fraglich, ob die Koalition in der derzeitigen Lage einen zusätzlichen Krach auf neuem Terrain vertragen kann.

Das weiß auch Bundeswirtschaftsminister Michael Glos. Nach den Bestimmungen des Atomkonsenses besitzt der Antrag von RWE nur eine einzige Chance auf Genehmigung: wenn die Bundesregierung – in diesem Fall Kanzlerin Merkel, Gabriel und Glos – einer Laufzeitübertragung von einem neuen auf ein altes AKW zustimmt. Im Falle Gabriel ist das wohl ausgeschlossen, aber ebenso, dass Merkel und Glos gegen den Antrag stimmen. Für den Antragsteller ist das eine die Pest, das andere die Cholera: Wird der Antrag abgelehnt, ist Biblis A nicht mehr zu retten. Trägt ein Atomkrach dazu bei, dass die Koalition platzt, ist meilenweit keine Mehrheit für einen Ausstieg aus dem Atomausstieg in Sicht.

Ein Weg, den Antrag vom Kabinettstisch zu bekommen, wird sich schon finden. Wenn er aber so wenig Chancen auf Erfolg hat, muss er in eine andere Richtung zielen. Tatsächlich soll mit Biblis B noch ein zweiter RWE-Reaktor in dieser Legislaturperiode vom Netz gehen. Möglich, dass der Konzern in Wirklichkeit Verhandlungsmasse sichern will. NICK REIMER