AKW-Abriss in Osteuropa wird teurer: Ist ja nur Atommüll
Die Abrisskosten für drei alte AKWs in Osteuropa haben sich fast verdoppelt. Der EU-Rechnungshof warnt vor zusätzlichen Ausgaben. Dies gilt vor allem für das AKW Ignalina in Litauen.
STOCKHOLM taz | Zu einem Milliardendebakel verspricht sich der Abriss von drei Alt-AKWs in Litauen, der Slowakei und Bulgarien zu entwickeln, der derzeit von der EU finanziert wird. Für die Reaktoren in Ignalina, Jaslovske Bohunice und Kosloduj, deren Abschaltung Voraussetzung für den EU-Beitritt dieser Länder war und deren Stilllegungskosten deshalb von der EU mitgetragen werden, wurden bislang 2,85 Milliarden Euro bereitgestellt.
Nun warnt der Europäische Rechnungshof vor einem zusätzlichen Finanzierungs-bedarf von mindestens weiteren 2,5 Milliarden Euro. Es fehle an Vorgaben, die Zuständigkeiten seien unklar, die Überwachung sei mangelhaft und der zusätzliche Finanzierungsbedarf nicht absehbar, aber wohl umfassend, schreibt der Rechnungshof in einem Bericht. Vor allem die Kosten für den Abriss des litauischen AKWs Ignalina seien durch Verzögerungen aus dem Ruder gelaufen.
Für die Stilllegung der beiden Ignalina-Reaktoren hat die EU mit 1,4 Milliarden Euro bislang fast so viel bereitgestellt wie für die sechs Reaktorblöcke von Jaslovske Bohunice und Kosloduj zusammengenommen. Nun sei allein in Litauen aber mit Kosten von etwa 3 Milliarden Euro zu rechnen, schätzt der Rechnungshof. Der Finanzierungsbedarf für die Endlagerung des Atommülls sei dabei überhaupt nicht berücksichtigt, weil bislang noch nicht einmal annähernd klar sei, mit welchen Mengen und Arten von Atommüll gerechnet werden müsse.
Es seien außerdem die "für deren Behandlung erforderlichen Anlagen und Technologien nicht verfügbar", heißt es in dem Bericht weiter. Unklar ist, woher das zusätzliche Geld kommen soll. "Das Fehlen ausreichender Finanzierungs-mechanismen gefährdet die Vollendung der jeweiligen Stilllegungsprozesse", warnt der Rechnungshof.
Vorbereitungen für neues AKW-Abenteuer
Jedenfalls für Ignalina, wo ein Reaktor noch mit Brennelementen geladen ist, hätten die deshalb aufgetretenen Verzögerungen auch "große Auswirkungen auf die nukleare Sicherheit". In Litauen schiebt man die Schuld an den Verzögerungen, die sich für Teile des Projekts auf mehr als drei Jahre belaufen, auf die mit den Arbeiten beauftragten Firmen und vor allem auf die deutsch-russische Nukem-Technologies.
Zum anderen wirft Vilnius der EU vor, sich nicht an ihre Verpflichtungen zu halten und nicht genügend Finanzmittel bereitzustellen. In Medien wird bereits diskutiert, ob Litauen nicht seinerseits vertragsuntreu werden und einen Ignalina-Reaktor wieder ans Netz gehen lassen sollte.
Es laufen sogar Vorbereitungen für ein neues AKW-Abenteuer. Man hoffe, im Frühjahr mit der japanisch-US-amerikanischen Hitachi-GE Nuclear Energy den Vertrag über den Neubau eines 1.300-Megawatt-Reaktors unterzeichnen zu können, erklärte Vizeenergieminister Zygimantas Vaiinas. Es hakt aber noch bei der Finanzierung. Im eigentlich als Mitfinanzier eingeplanten Nachbarland Lettland legte sich Ende Januar eine Parlamentsmehrheit erst einmal quer.
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