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Archiv-Artikel

AIR BERLIN WIRD ZUR VIERTGRÖSSTEN FLUGGESELLSCHAFT EUROPAS Billigflug, ade

Die Air Berlin probt den Durchmarsch – nicht mehr nur auf dem europäischen Markt, sondern mit der Übernahme des Ferienfliegers LTU weltweit. Pfiffige Geschäftsideen, günstige Preise bei gutem Service: Mit diesem Erfolgskonzept hat sich die Air Berlin in 13 Jahren von einer Klitsche mit einer Boeing 707 zu Europas viertgrößter Fluggesellschaft gemausert. Im Verdrängungswettbewerb bleiben immer mehr Ferienflieger im immer größer werdenden Flugnetz der Air Berlin hängen.

Wer die Marktmacht hat, setzt die Bedingungen. Verschärfte Dienstwilligkeit und Verfügbarkeit rund um die Uhr sind Grundvoraussetzung für die Beschäftigten bei Air Berlin. Gewerkschaften sind etwas von vorgestern. Fliegendes Personal kann nur dann einen Betriebsrat bilden, wenn ein Tarifvertrag besteht – bei Air Berlin nicht der Fall.

Doch nicht nur die Arbeitsbedingungen sind unschöne Seiten der Entwicklung. Fliegen ist der größte Umweltkiller. Billigflieger sind Nutznießer einer verfehlten Mobilitätspolitik, die nicht einmal das Flugbenzin besteuert. Und Air-Berlin-Chef Achim Hunold will den Trend verstärken und das Passagieraufkommen noch einmal um zehn Prozent auf 22 Millionen steigern. Dieser konservative Guru der Fliegerei wird seine wachsende Marktmacht, Lobby und Erfolgsgeschichte gegen Umweltforderungen oder gar eine Kerosinbesteuerung nachhaltig mobilisieren. Von der Welt erlebt der Fluggast bei Air Berlin ohnehin nur die Orte, wo sowieso alle hinfliegen: Neue Routen, die sich nach einem halben Jahr noch nicht rentiert haben, werden umstandslos gestrichen.

Letztlich wird die Bereinigung des Marktes demnächst die Ära des Billigflugs mit beenden. Heute geht ein Zehntel der Plätze von Air Berlin zum Frühbucher-Lockpreis weg; je näher der Flugtag rückt, desto teurer wird es. Die Preise im Reisebüro, im Internet und im Call-Center können, je nach Auslastung, sofort korrigiert werden. Mit größter Marktmacht und immer weniger Konkurrenz bedarf es irgendwann keiner Lockangebote mehr. Fliegen wird wieder teurer werden – auch ohne Flugbenzinbesteuerung. EDITH KRESTA