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Archiv-Artikel

AIDSKONFERENZ LEISTET WIDERSTAND GEGEN DIE US-PHARMAPOLITIK Erfolgreich gescheiterter Gipfel

Die USA und wie sie die Welt sehen entfachten auf der Welt-Aids-Konferenz einen ideologischen Krieg. Die Vereinigten Staaten finanzieren mit ihrem Aidsprogramm bisher nur ihre eigenen teuren Markenpräparate und propagieren zudem Enthaltsamkeit statt Kondome. Die Konferenz hat glücklicherweise deutlich gemacht, dass sie das nicht durchgehen lässt. Obwohl viele Inhalte deshalb zu kurz kamen, musste diese Auseinandersetzung geführt werden. Aktivisten und NGOs haben nicht zugelassen, dass das Motto „Zugang für alle“ zu medizinischer Versorgung durch die Alleingänge der USA und das Desinteresse anderer Industrieländer konterkariert wird.

Die Proteste mögen kurzfristig die Fronten verhärtet haben. Langfristig aber werden sie ihre Wirkung zeigen. Schließlich hat sich in den vergangenen Jahren herausgestellt, dass man politische und finanzielle Zugeständnisse nur mit Druck erreichen kann. Nur deswegen und wegen der unerschrockenen Eigeninitiative mehrerer Schwellenländer, die ihre eigene Generikaproduktion begannen, waren Konzerne überhaupt bereit, die Preise ihrer Markenpräparate zu senken. Auch die massiven Debatten um die Generika waren in Bangkok nötig: Keinesfalls sollte Thailand, das eigene Generika entwickelte, den Ausverkauf seiner Kreativität betreiben. Statt auf das begehrte bilaterale Abkommen mit dem Wirtschaftspartner USA zu setzen, sollte das Land mehr Anlehnung an Staaten suchen, die im Kampf gegen Aids ähnliche Interessen haben: Indien, Brasilien, Südafrika.

Wenn sich Thailands Regierung auf die harten Bedingungen Washingtons hinsichtlich des Patentschutzes einlässt, bricht sie nicht nur ihre Versprechen gegenüber den HIV-Infizierten und Aidskranken. Sie wäre zudem im Nachhinein als Gastgeber des Welt-Aids-Gipfels unglaubwürdig. Momentan droht das Motto „Zugang für alle“ zur Farce zu werden. „Die Welt wird den Kampf gegen Aids verlieren“, hatte UN-Generalsekretär Kofi Annan vor sieben Monaten anlässlich des jährlichen Welt-Aids-Tages gewarnt. Es bleibt zu hoffen, dass er dieses Mal Unrecht hat. NICOLA GLASS