: AIDS–Daten auch bei Hessens Polizei
■ HIV–Infizierte finden sich bei der hessischen Polizei / Bundesweit heftige Reaktionen auf derartige Datensammlungen / Stadt München will bayerische AIDS–Maßnahmen auffangen
Frankfurt (taz/dpa/ap) - Entgegen ersten Berichten werden AIDS–Infizierte auch in Hessen gespeichert. Zwar ist dort, wie offiziell erklärt wurde, auf einen Sondereintrag „AIDS“ oder „Vorsicht Blutkontakte“ verzichtet worden, unbekannt war jedoch bis gestern, daß die HIV–Infizierten im Datenfeld 09 des Informationssystems Hepolis erfaßt werden. Mittlerweile ist die Speicherung von Daten AIDS–Infizierter im INPOL–System des BKA auf heftigen Widerspruch bei allen Parteien (außer der CSU), Medizinern und Datenschützern gestoßen. Die SPD–Bundestagsfraktion forderte inzwischen Innenminister Zimmermann auf, die Erfassung restlos aufzuklären. Ärger herrscht bei den Sozialdemokraten darüber, daß auch in vier SPD– regierten Bundesländern die Innenministerien sich an der heimlichen Datei beteiligen. Die Grünen beantragten eine Sondersitzung des Innen– und Gesundheitsausschusses. In Baden–Württemberg werden seit 1986 auch AIDS–infifzierte Prostituierte mit dem Kürzel ANST gekennzeichnet. Gegen die Speicherung haben sich auch Berlins Sozialsenator Fink und der niedersächsische Sozialminister Schnipkoweit ausgesprochen. Das Bundesinnenministerium hält auch nachträglich eine Einbeziehung der Ministerin Süssmuth nicht für erforderlich. Die Erfassung von AIDS–Infizierten sei keine Heilungs–, sondern eine Präventionsmaßnahme. Stadt München kontert Die Stadt München will die umstrittenen bayerischen AIDS– Maßnahmen teilweise durch eigene Initiativen auffangen. So wolle die Landeshauptstadt AIDS–Infizierte, die nicht Beamte werden dürften, gegebenenfalls als Angestellte beschäftigen, sagte Oberbürgermeister Kronawitter (SPD) gestern in München. Die „Absonderung“ von nachweisbar uneinsichtigen Infizierten werde höchstens bei einer „Handvoll Betroffenen“ nötig sein müssen. Großangelegte Razzien etwa in Bordellen oder Sexclubs werde die Stadt nicht veranlassen, erläuterte Kreisverwaltungsreferent Uhl (CSU). Infiziertes Klinikpersonal Der Leiter des städtischen Gesundheitsamtes, Kathke, bestätigte, daß auch in Münchner Krankenhäusern mit dem Virus infizierte Ärzte, Pfleger und Schwestern beschäftigt seien. Es handele sich dabei um Einzelfälle, zu denen er sich nicht weiter äußern wolle. Bereits am Donnerstag waren Infektionen von Klinikpersonal in Köln bestätigt worden. Dort können AIDS–infizierte Ärzte, Schwestern und Pfleger in Kliniken nach Angaben des Leiters des städtischen Gesundheitsamtes, Dr. Leidel, weiterarbeiten. Außerdem seien Patienten, die vom AIDS–Virus befallen sind, durchweg auf „normalen Stationen“ in Köln untergebracht. Laut Leidel bestehe kein Anlaß, diesen Zustand zu ändern, solange das Pflegepersonal die allgemeinen Hygienevorschriften einhalte. Das Bonner Gesundheitsministerium sowie die Gesundheits– oder Sozialminister der Länder betonten bei einer dpa–Umfrage, daß es ohne allgemeine Meldepflicht keine gesicherten Erkenntnisse über AIDS–infiziertes Krankenhauspersonal geben könne.
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