AGNES TANDLER ZUM MORD AN EINEM CHRISTLICHEN MINISTER IN PAKISTAN : Tödliches Blasphemiegesetz
Schockierend genug, dass in Pakistans beschaulicher Hauptstadt Islamabad Politiker offenbar einfach so erschossen werden können. Fast noch bedenklicher sind die öffentlichen Reaktionen auf solche Taten. Da wird ein Mörder wie ein Held gefeiert, weil er im Januar den Gouverneur Salman Taseer niederschoss, der es wagte, für die Schwächsten der Gesellschaft das Wort zu ergreifen: für eine arme Christin und fünffache Mutter, die wegen angeblicher Gotteslästerung zum Tode am Galgen verurteilt wurde. Und Shahbaz Bhatti, der Minister für religiöse Minderheiten und selbst Christ, musste jetzt sterben, weil er als einer der letzten bekannten Politiker weiter auf Änderung des harschen Blasphemie-Gesetzes pochte.
Das Krebsgeschwür des Extremismus frisst sich immer tiefer in die pakistanische Gesellschaft hinein. TV-Sender schüren den religiösen Fanatismus in Talkshows, weil es populär ist und Zuschauer bringt. Die pakistanische Regierung kapituliert vor den Hardlinern. Eine Änderung des Blasphemie-Gesetzes komme nicht infrage, haben alle Politiker aus dem Kabinett – bis auf Bhatti – eilig versichert.
Zwar hat Premierminister Yusuf Raza Gillani versprochen, dass die Mörder des Ministers nicht ungestraft davonkommen. Doch schon die Anklage des Mörders von Salman Taseer gestaltet sich zäh und schwierig, weil jeder Staatsanwalt, der den Täter anklagt, um sein Leben bangen muss.
Pakistan wurde als Staat gegründet, um den Muslimen in Südasien eine Heimat vor Verfolgung und Diskriminierung zu bieten. Doch inzwischen müssen Muslime dort täglich in Angst leben, von anderen Muslimen umgebracht zu werden, weil sie eine andere, tolerantere Auffassung vom Islam haben – oder weil sie einfach nur das Pech hatten, zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein. Es geht in Pakistan schon längst nicht mehr um ein schlechtes Gesetz.
Es geht darum, wer die Macht hat, die Richtung im Lande vorzugeben. Die Antwort sieht nicht gut aus.
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