: AG-Weser: Schrecken ohne Ende
■ Wirtschaftssenator will Offenlegung der Kosten der AG-Weser-Pleite wieder vertagen
„Noch sieht es hier trostlos aus, aber bald soll auf dem ehemaligen AG-“Weser“-Gelände neues gewerbliches Leben entstehen...“, so hat es das Bremer Wirtschaftsressort dem Weser-Kurier am vergangenen Samstag in die Bild-Unterzeile diktiert. Der neue Sachstandsbericht, den das Ressort am 5. Mai den Parlamentariern der Wirtschaftsförderungs-Ausschüsse erklären will, verbreitet derartigen Optimismus: ein Bauunternehmen, ein Speditions- und ein Verpackungsunternehmen, drei Firmen aus den Bereichen Kaffeerösterei, Feuerverzinkung und Druck und ein Konzert-Veranstalter interessieren sich für Teile der 20 Hektar großen Gewerbebrache, die die Stadtgemeinde seit Jahren weit unter Selbstkosten an die gescheiterte Grunau-Gruppe verpachtet hat.
Und für die beiden Hallenkomplexe, die die Stadt an Grunau 1987 und 88 verkauft hatte, interessieren sich ein Holzimportbetrieb und eine Stahlbaufirma. Alles bestens also, die Stadt Bremen müßte nicht mehr, wie es der Wirtschaftssenator noch am 8.März 1994 plante, 15,7 Millionen Mark auf den Tisch legen, um diese beiden Hallenkomplexe ins eigene Risiko zu übernehmen. Im März gab es über diese Absicht der Wirtschaftsförderer senatsinternen Streit: Der Finanzsenator erklärte, daß er Probleme hat, diese Geldausgabe angesichts der akuten Haushaltsprobleme öffentlich zu rechtfertigen.
Merkwürdigerweise zieht der Wirtschaftssenator aber nicht aus der guten Interessenlage die Folgerung, die auf der Hand liegt, sondern konstruiert komplizierte Begründungen dafür, daß die Stadtgemeinde dennoch sich am Risiko der Grunau-Pleite beteiligen soll. „Durch den Ankauf der Grunau-Immobilien“, heißt es in dem aktuellen internen Sachstands-Bericht, würden Bremen „insgesamt 24 Hektar Grundstücksflächen ... zur Verfügung“ stehen. Das klingt so gut, daß der Weser-Kurier es glatt ohne Zitatstriche abschreibt. Die Wahrheit sieht allerdings anders aus: Die Grunau-Immobilien umfassen nur 3,5 Hektar, gut 20 der 24 Hektar gehören sowieso der Stadtgemeinde. Wenn man es so sieht, stellt sich natürlich die Frage: Warum soll Bremen in das Risiko des Verkaufs dieser Grunau-Immobilien einsteigen? Der Bericht des Wirtschaftssenators argumentiert: „In dem Fall, daß das Grunau-Gelände direkt allein durch die Grunau-Gruppe oder durch die verwertenden Banken verkauft wird, ist davon auszugehen, daß nur eine mindere Nutzung in diesem Bereich erreicht werden kann...“ Dies ist ein dreister Versuch, die Mitglieder der Parlamentarier in den Wirtschaftsförderungs-Ausschüssen für dumm zu verkaufen: Die Banken haben auf die Grunau-Immobilien über 10 Millionen Grundpfandrechte für Kredite eingetragen, sie haben ein immenses Interesse an einer optimalen Verwertung, damit sie an ihr Geld kommen. Es ist kaum anzunehmen, daß die Banken ihr Geld wiedersehen, wenn sie die Immobilien für ein Holzlager verkaufen würden – genau das, was Bremen vorhat, ist eine im Verhältnis zu der Kreditlast „mindere Nutzung“.
An anderer Stelle des internen Berichts an die Parlamentarier deutet der bremische Wirtschaftssenator auch an, daß sich das Problem der „minderen Nutzung“ in Wahrheit genau umgekehrt verhält: Bremen könnte, so steht da, den Verkauf der Grunau-Hallen auch subventionieren, wenn sich ein Käufer findet, der dafür nicht soviel zahlen will, wie die Banken fordern müssen. Nur die sichere Erwartung, daß Käufer nicht die von den Banken für ihre schuldentilgung geforderte Summe zahlen würde, macht zudem die Intervention der Wirtschaftsförderung erforderlich: Wenn es jemanden gäbe, der die Grunau-Immobilien für mehr als 10 Millionen kaufen würde, dann wären sie längst verkauft. Weil der bremische Wirtschaftssenator Bremen diesen Verkauf mit Millionen-Beträgen bezuschussen will, vernebelt er das 3,5 Hektar-Problem mit dem Hinweis auf die 24 Hektar Gesamtfläche.
K.W.
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