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Archiv-Artikel

ABTREIBUNG: KATHOLIKEN SOLLEN FÜR SCHWANGERENBERATUNG BÜSSEN Ratzingers Rechtsruck

Kirchliche Einrichtungen, die – in ihrer Summe – zu den größten Arbeitgebern des Landes gehören, sind Tendenzbetriebe. Das heißt, sie haben das Recht, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu feuern, wenn deren Lebenswandel nicht mehr den offiziellen kirchlichen Vorstellung entspricht. Das geplante Antidiskriminierungsgesetz wird daran nichts ändern, worüber man sich empören kann. Mehr Empörung, ja heiliger Zorn ist jedoch angebracht über den neuesten Beschluss zur Förderung der Linientreue des Kirchenpersonals. Wer in der katholischen Welt Deutschlands irgendeine Verantwortung trägt, muss künftig auf eine „leitende Mitarbeit“ bei Donum Vitae, den katholischen Schwangerenberatungsstellen, verzichten. Das haben die Bischöfe beschlossen, und es ist ein weiterer Beleg dafür, wie der neue Papst, Benedikt XVI., den konservativen Oberhirten der Bundesrepublik Stück für Stück noch mehr Macht sichert. Auf Kosten, mal wieder, der katholischen Laien.

Schon als Präfekt der Glaubenskongregation des Vatikans mochte Joseph Ratzinger die Schwangerenberatungsstellen des Kirchenvolks nicht – obwohl auch Donum Vitae ausdrücklich das Ziel hat, ungeborenes Leben zu schützen, was immer wieder betont werden muss. Jetzt, als Papst, hat Ratzinger mithilfe seines Getreuen Kardinal Meisner aus Köln offenbar genug Macht, für seine Ablehnung auch im deutschen Bischofskollegium eine Mehrheit zu finden. Es ist zugleich eine Niederlage für den eher liberalen Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, den Mainzer Kardinal Lehmann. Der hatte Donum Vitae nie offen bekämpft, ja zeitweise sogar sanft gefördert, aus guten Gründen.

Dass nun die honorige Donum-Vitae-Chefin Rita Waschbüsch gute Miene zum bösen Spiel macht und zwanghaft Positives im Negativen zu finden sucht, zeigt auch: Viele katholische Laien, deren Instrument Donum Vitae war, haben mittlerweile offenbar einen verzerrten Blick auf kirchliche Machtrealitäten. Sie können oder wollen nicht sehen, wie ihre Kirche schrittweise immer weiter nach rückwärts gerückt wird. Zum Schaden aller, vor allem aller Frauen. PHILIPP GESSLER