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ABT. STURZFLUGSwiss Air mit Verlust

Der Golfkrieg ist nicht die Hauptursache der Misere  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Zum ersten Mal in der Geschichte der noblen eidgenössischen Fluggesellschaft Swiss-Air drohen jetzt Entlassungen — die Firmenleitung erwägt einen Abbau von bis zu 600 Beschäftigten innerhalb der nächsten zwei Jahre. Das Schweizer Luftfahrtunternehmen — traditionell ganz vorne unter den europäischen Konkurrenten — kommt seit einigen Wochen aus den negativen Schlagzeilen nicht mehr heraus. Zunächst war da die Jahresbilanz 1990: Mit mageren 4,3 Millionen Schweizer Franken lag der Gewinn im letzten Jahr um 95,5 Prozent unter den 94,7 Millionen Franken des Vorjahres.

Tatsächlich flog die Swiss-Air beim Passagier- und Frachttransport 1990 sogar einen Rekordverlust von 100 Millionen Franken ein. Lediglich durch den Verkauf von drei DC-10 Maschinen konnten rote Zahlen in der Abschlußbilanz noch gerade eben vermieden werden. Der Ärger wächst aber auch unter den derzeit noch über 19.800 Beschäftigen der Swiss Air. Bereits im letzten Jahr hatte die Zürcher Unternehmensleitung einen Stellenstopp beschlossen, für 1991 wurde Kurzarbeit angekündigt. Nach Darstellung von Belegschaftsprecher René Zurin geschah dies ohne vorherige Abklärung mit den Beschäftigten. Für Zurin greift auch die Behauptung der Arbeitgeberseite nicht, die Golfkrise sei für einen Umsatzrückgang von 15 bis 20 Prozent verantwortlich. Tatsächlich, so Zurin, habe der Rückgang nur acht Prozent betragen.

Die Auswirkungen der Golfkrise in Form von zurückgegangenen Passagierzahlen, stornierten Flügen und erhöhten Flugbenzinpreisen werden zwar auch von den Beschäftigten nicht bezweifelt. Doch die Hauptursachen seien hausgemacht. Bei der Beteiligung an einer Schweizer Hotelkette, den Kooperationsbemühungen mit anderen Fluglinien in Europa und der Reorganisation des Unternehmens habe es, sagt Zurin, „Management- Flops“ gegeben, die zu Verlusten von knapp 500 Millionen Franken geführt hätten. Diese sollten jetzt „auf dem Buckel des Personals“ ausgeglichen werden.

Besonders beklagen Swiss-Air- Belegschaftsvertreter die gestörte innerbetriebliche Kommunikation. Von den Überlegungen zur Entlassung von Beschäftigten erfuhren sie Anfang der Woche aus der Presse. Dort wurde der stellvertretende Swiss-Air-Direktor Erich Geitlinger mit dem bislang undementierten Satz zitiert, innerhalb der nächsten zwei Jahre würden 500 Stellen abgebaut.

Direktionspräsident Otto Loepfe sagte zwar inzwischen, daß es noch keinen Entlassungsbeschluß gibt. Unbestrittene Tatsache ist aber, daß die Unternehmensleitung eine Kosten-Nutzen-Analyse in Auftrag gegeben hat. Sie soll Wege aufzeigen, wie jährlich 250 bis 300 Millionen Franken Betriebskosten eingepart werden können. Kein Geheimnis ist auch, daß in der Swiss-Air-Chefetage der Anteil der Personalkosten an den gesamten Betriebsausgaben auch im Vergleich mit anderen europäischen Fluglinien für viel zu hoch gehalten wird.

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