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75 Jahre Leunawerke Kein Sinn nach Feiern

■ Das Firmenjubiläum steht im Zeichen der Krise

Leuna. Der Leuna-Werke AG war es zu ihrem 75jährigen Firmenjubiläum nicht nach Feiern zumute. An den ökonomischen und ökologischen Altlasten aus 40 Jahren Planwirtschaft hat das Unternehmen schwer zu tragen. Neben uneffektiven und umweltschädlichen Produktionsanlagen muß sich das Chemiewerk unter marktwirtschaftlichen Bedingungen auch mit der Orientierung der SED-Führung auf ökonomisch problematische einheimische Rohstoffe, einer demotivierenden Personalpolitik, falschem Sozialverständnis und Überbeschäftigung im einstigen Renommierbetrieb der DDR auseinandersetzen. Die Aufgaben, die vor dem Betrieb stehen, sind laut Ministerpräsident Gies „nur mit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg vergleichbar, in dem 80Prozent der Produktionsanlagen zerstört waren“. Gies versprach, in den nächsten Tagen das nationale Sonderprogramm für den Raum Halle-Bitterfeld zur ökologischen Sanierung fertigzustellen. Er wolle sich auch gegen den Bau einer Produktpipeline von Hamburg nach Ostdeutschland „mit allen legalen Mitteln“ zur Wehr setzen. „Wer hier verkaufen will, soll auch hier investieren“, begründete Gies seine Ansicht. Ähnlich sieht der Betriebsratsvorsitzende Weise das Problem. Er befürchtet, nach dem gestrigen Versprechen, den „Schwestern und Brüdern in der DDR“ zu helfen, sehe man heute jenseits der Elbe in Leuna vor allem einen Konkurrenten. So erkläre sich auch die „massive Kampagne“ gegen das Unternehmen, wie sie von FDP-Chef Lambsdorff geführt worden ist, sagte Weise.

Auch die von Treuhand-Vorstandsmitglied Klinz gegenüber einer halleschen Zeitung genannte Zahl, daß in Leuna nur 6.000 Menschen auf Dauer beschäftigt werden können, habe große Unruhe gebracht. „Die Zukunft von Leuna kann nicht allein durch die Ökonomie entschieden werden. Massenarbeitslosigkeit zu verwalten, ist nicht billiger als wirtschaftliche Stützen für das Unternehmen“, so Weise. adn/taz

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