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64-Milliarden-Etat für Noch-DDR

■ 34,7 Milliarden Finanzierungssaldo / Einschnitte bei Verteidigung / Erhöhung beim Umweltschutz

Berlin (dpa) - Die Volkskammer hat auf einer Sondersitzung am Sonntag den Haushalt für das zweite Halbjahr 1990 gebilligt. Das Haushaltsgesetz hat ein Volumen von knapp 64,2 Milliarden Mark. Das sind 471 Millionen Mark mehr als im ursprünglichen Ansatz. In fast allen Ressorts sollen noch 6,9 Prozent der Ausgaben eingespart werden.

Bei Einnahmen von lediglich 29,4 Milliarden entsteht ein Finanzierungssaldo von 34,75 Milliarden Mark. Der Fehlbetrag wird durch Finanzzuweisungen des Bundes in Höhe von 24,75 Milliarden und eine Neuverschuldung von zehn Milliarden Mark gedeckt.

Die Vorsitzende des Haushaltsausschusses, die frühere Wirtschaftsministerin Christa Luft (PDS), sagte, erstmals würden in der DDR die Staatsfinanzen transparent gemacht. Der Haushalt zeichne sich allerdings durch eine „äußerst angespannte Lage“ für alle Ressorts aus.

Finanzminister Walter Romberg (SPD), der die 6,9 Prozent oder über 3,4 Milliarden Mark einsparen soll, kündigte für den Herbst einen Nachtragshaushalt an. Mit dem Haushalt sei die Grenze der Sparsamkeit überschritten worden.

Die knappen Vorgaben von Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) hätten wenig Gestaltungsspielraum gelassen. Romberg kritisierte, daß die Bundesregierung nicht bereit gewesen sei, die höheren Ausgaben durch gesteigerte Zuwendungen oder ein höheres Kreditvolumen auszugleichen.

Agrarminister Peter Pollack kritisierte die pauschalen Kürzungen, die sein Ressort nicht tragen könne. In seinem Einzelplan sind nur die Ausgaben für Marktordnungsmaßnahmen in Höhe von 1,5 Milliarden Mark von der Sperre ausgenommen. Mit 670 Millionen Mark oder 15 Prozent wurde in den Verteidigungsetat am kräftigsten eingeschnitten. Die Ausgaben für den Umweltschutz wurden hingegen um mehr als die Hälfte auf 827 Millionen Mark erhöht.

Die Bezirke, Kreise und Kommunen erhalten aus dem Haushalt 19,5 Milliarden. Diese Zuweisungen sind nach Worten von Frau Luft von existenzieller Bedeutung. Damit werde auch berücksichtigt, daß in der jetzigen Übergangsphase die Steuereinnahmen „extrem zentralisiert“ sind. Mit Ausnahme der gesetzlich festgelegten Gemeindesteuern stehen laut Haushaltsgesetz Ost-Berlin sämtliche Steuern, Zölle und Monopolabgaben zu.

Der größte Einzeletat ist wie in der Bundesrepublik mit sieben Milliarden Mark der Bereich Arbeit und Soziales.

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