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■ 526 MÄNNER UND 136 FRAUEN ENTSCHEIDEN ÜBER ABTREIBUNG IN DEUTSCHLANDParagraph 218: Eine Zangengeburt im Wasserwerk

Bonn (taz) — Der Deutsche Bundestag debattierte gestern zwölf Stunden lang ohne Pause: Einziger Tagesordnungspunkt war die Neuregelung des Paragraphen 218. Erst am Abend — nach Redaktionsschluß — sollten die Abgeordneten namentlich ihr Votum abgeben. Obwohl fünf Vorschläge eingebracht worden waren, hatten nur zwei eine Chance auf eine Mehrheit: das Indikationsmodell der Union und der überfraktionelle Gruppenantrag einer Fristenregelung mit Beratungspflicht. Die SPD-Abgeordnete Inge Wettig-Danielmeier betonte noch einmal, daß mehr als der von ihr mit ausgearbeitete Gruppenantrag zur Zeit politisch nicht durchsetzbar erscheine. Sie verwies, wie viele ihrer NachrednerInnen, auf die miserable gesellschaftliche Situation von Müttern. Mit Murren reagierten die CDU/CSU-Männer auf die von der Sozialdemokratin formulierten Zweifel an der Zuverlässigkeit der Väter. Die FDP-Abgeordnete Uta Würfel bezeichnete die Beratung als „Dreh- und Angelpunkt“ des Gruppenantrags; Ziel hierbei soll der „Schutz des Lebens“ sein. Andererseits betonte sie aber auch das Selbstbestimmungsrecht der Frauen. Frauenministerin Angela Merkel (CDU) betonte in ihrer Rede die Schaffung von Kindergartenplätzen, auf die es Ende der neunziger Jahre einen Rechtsanspruch geben soll— und erntete damit das wohlwollende Lächeln ihres Mentors Helmut Kohl. Auch die CDU-Abgeordnete Irmgard Karwatzki verteidigte den Unionsentwurf, räumte aber ein, daß „soziale Hilfe das Strafrecht nicht ersetzen kann“. Konrad Weiß, Abgeordneter des Bündnis 90, erregte ungewöhnliche Aufmerksamkeit, auch bei den Christdemokraten. Er schlug in seiner Rede einen weiten Bogen vom Krieg bis zur Abtreibung, sprach sich aber schließlich doch für den Gruppenantrag aus. SEITE 3

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