■ 50. Todestag: Der Geiger Georg Kuhlenkampff
Kulenkampff – mindestens durch die Allee in Schwachhausen ist dieser Name allen BremerInnen ein Begriff. Ein ganz Großer aus dieser bekannten Bremer Kaufmannsfamilie wurde im Januar 1898 in Bremen geboren und starb heute vor fünfzig Jahren: Der Geiger Georg Kulenkampff. Er wurde nur fünfzig Jahre alt.
Als Dreizehnjähriger spielte er bereits bei den Philharmonischen Konzerten in Bremen Beethovens Romanze in F-Dur, wurde 1916 Konzertmeister, ging aber schon 1919 nach Berlin zu den Berliner Philharmonikern und Wilhelm Furtwängler. 1922 wurde er Professor an der dortigen Musikhochschule, für nur ein Jahr, denn er haßte zu viel Lob und Verfestigungen. Georg Kulenkampff verließ Nazideutschland nicht. Er konnte sich sogar durch die Androhung, das Land zu verlassen, einen relativen Einsatz auch für jüdische Musiker erlauben.
Wenn man sich die Geigergeneration Georg Kulenkampffs vergegenwärtigt, so fallen einem unsterbliche Namen ein: Adolf Busch, Carl Flesch, Jascha Heifetz, auch Georg Oistrach und Arthur Grumiaux. Ein Außenseiter wie Rudolf Kolisch räumte mit seinen folgenschweren Tempountersuchungen bei Beethoven mit der romantischen Aufführungstradition auf. Hier setzt Georg Kulenkampff an, wenn auch nicht mit der Kolisch'schen Radikalität. Beethoven, Brahms, Bruch: Das klassische und das romantische Zeitalter waren sein Metier. Aber er spielte auch Sibelius, Ravel, Pfitzner und das Violinkonzert von Bartók, das er für das schwerste überhaupt hielt. Kulenkampffs Interpreta-tionskunst ist geprägt von einer strengen Werktreue und einer tonlichen Flexibilität, die jedem Werk eine ganz eigene Aura zu geben vermochte. „Er zog“, so der Pianist Edwin Fischer, „den Schleier von allem Falschen der Interpretation,“ So kann Bremen stolz sein auf Georg Kulenkampff. Als er 1948 starb, war das dem damaligen Weser-Kurier nur eine Meldung von vier Zeilen wert.
Ute Schalz-Laurenze
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen