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5 dinge, die wir gelernt haben

1 Merz kann nicht Kanzler

Dieser Mann will Kanzler werden? Der Mann, der sich die Mehrheit für seine Anträge von einer Partei beschaffen lässt, die er 2018 selbst als „offen nationalsozialistisch“ bezeichnet hat? Der trotzig bekundet, es sei ihm „egal“, wenn die AfD ihm die Mehrheit beschafft? Er, welcher der AfD mit seiner irren Aktion den größten Triumph ihrer Geschichte beschert hat? Der danach bedröppelt dasteht und sich wundert, was passiert ist? Der trotzdem dasselbe Stück am Freitag noch mal aufführt? Weil „egal“?

2 Tillmann trotzt

Antje Tillmann interessiert sich noch für mehr. In der historischen Abstimmung am Mittwoch stimmte sie als einziges Unionsfraktionsmitglied gegen die Anträge. Alle anderen hielten Parteidisziplin für wichtiger als die Zukunft des Landes. In ihrer Partei steht Tillmann aus dem Kreisvorstand Erfurt und Weimar ziemlich allein da, in Deutschland nicht. Manche ihrer Bundestagskolleg*innen zogen es vor, aus Protest gegen das „egal“ ihres Kanzlerkandida­ten nicht zur Abstimmung zu gehen. Tillmann kam – und sagte Nein. Respekt.

3 Merkel mischt mit

Wie heißt es so schön in den ­Asterix-Comics: „Ganz Gallien?“ Nein, eine unbeugsame Ex-Kanzlerin scheint sich ebenfalls noch daran zu erinnern, dass Politik mehr ist als Mehrheiten. Kurz nach Merz’ Brandmauer-Abrissmanöver meldete sich Angela Merkel auf ihrer Website zu Wort: Sie halte dessen Vorgehen für „falsch“. In ihrer kürzlich veröffentlichten Biografie schreibt Merkel über Merz, es habe ihr einst gefallen, dass er „machtbewusst“ war. „Aber es gab ein Problem: Wir wollten beide Chef werden.“ Wie das ausging, ist bekannt.

4 Die Linke liefert

Und noch eine Frau aus Ostdeutschland zeigte vor der Schicksalsabstimmung klare Kante: Heidi Reichinnek. Die Linke-Abgeordnete aus Sachsen-Anhalt, die in Osnabrück lebt, blies der Union den Marsch: „Wo, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, die Sie hier alle frenetisch applaudiert haben, ist der Aufstand der Anständigen in Ihren Reihen?“ Die Linke ist wegen Menschen wie Reichinnek, ihrer mieten- und so­zial­politischen Positionen und trotz ihrer unklaren Haltung zur Unterstützung der Ukraine im Aufwind. 7 Prozent sind für die Partei locker drin.

5 Ein Bündnis bröckelt

Das wäre ein schönes Bild: ostdeutsche Frauen im Kampf gegen den politischen Rechtsruck. Allein, man muss ein bisschen die Augen zusammenkneifen, denn da ist ja noch: Sahra Wagenknecht. Deren BSW lag in jüngsten Umfragen unter 5 Prozent, was sich die Große Vorsitzende mit den Grünen erklärt. Die würden „konservativer“ auftreten, deswegen habe die Linkspartei jetzt ein ­Umfragehoch. Ihre Partei, die sich in der eingangs genannten Abstimmung enthielt, soll künftig übrigens „Bündnis für Sicherheit und Wohlstand“ heißen. Klingt überraschend – konservativ? (gut, knw)

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