5 dinge, die wir diese woche gelernt haben:
1 Wetter ist jetzt Ereignis
Seit den tödlichen Julifluten spricht niemand mehr von Hochwasser, (Stark-)Regen und Wetter, sondern von Hochwasserereignis, (Stark-)regenereignis, Wetterereignis oder schlicht von Ereignissen. Wenn dann ein Experte im Radio sagt: „Wenn die Ereignisse sich ausregnen …“ hört man Martin Heidegger wie er im Grab stöhnt angesichts seines zur Ramschware gewordenen Überwältigungsbegriffs vom Ereignis. Man darf also gespannt sein auf das Bundestagswahlereignis, das Herbsturlaubsereignis und das Arbeitstagsereignis.
2 Kunst ist jetzt nicht mehr frei
Der Görlitzer Kulturbürgermeister Michael Wieler hat der Dresdner Künstlerin Lisa Maria Baier den Vertrag über die Teilnahme an der „Görlitzer ART“ gekündigt und ihr ein Ultimatum gesetzt: Bis 27. 7. soll sie ihr Kunstwerk abbauen. Die Künstlerin weigert sich. Ihre Installation „Kulisse“ steht direkt an der Grenze zu Polen und zeigt ein Transparent mit der Aufschrift „aborcja bez granic“ (Abtreibung ohne Grenzen). Wieler meint, diese Installation sei eine „Demonstration“ und passe nicht in die „Form der Kommunikation“, die mit den polnischen Nachbarn aufgebaut worden sei. Was wohl die Tausenden polnischen Nachbarn, die tagelang gegen die Verschärfung des Abtreibungsrechts protestierten, von dieser „Form der Kommunikation“ halten?
3 Clapton ist jetzt auf Telegram
Der britische Musiker Eric Clapton will keine Konzerte spielen, wenn es eine Corona-Impfpflicht für seine Besucher gibt. Infos zur Impfung besorgt sich Clapton aus dem unter Freunden der Verschwörungsideologie beliebten Kanal Telegram.
4 Dachau hat jetzt keine Zeitzeugen mehr
Die KZ-Gedenkstätte Dachau hat nach fünfzig Jahren einen neuen Film über die Geschichte des SS-Lagers. Die Kooperation zwischen der Gedenkstätte und den Berliner Künstlern Clemens von Wedemeyer, Maya Schweizer und Benjamin Meyer-Krahner folgte der Leitfrage, wie Erinnerung an das System der SS aussehen kann, wenn es keine Zeitzeugen mehr gibt. Der Film soll der erste Schritt zur Neukonzeption der gesamten Gedenkstätte sein.
5 Eifel ist jetzt Kitsch
Das Erste gab am Dienstag bekannt, dass die Serie „Die Eifelpraxis“ rund um die „Versorgungsassistentin“ Vicky mit neuer Besetzung weiterläuft. Zwar ist nicht die ganze Eifel Flutopfer, aber so ein bisschen #laschetlacht ist es schon, am Tag, an dem noch Tote geborgen werden, Vorabendkitsch aus der Region anzukündigen. Doris Akrap
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