3.000 Jäger losgelassen: Schwedens Hatz auf Wölfe
In Schweden leben gerade mal 200 Wölfe. Dennoch wird jedes Jahr ein Zehntel erlegt – und tausende Jäger wollen dabei sein. Der EU-Umweltkommissar ist empört.
STOCKHOLM taz | Schweden hat erneut die Jagd auf Wölfe zugelassen - weswegen nun EU-Umweltkommissar Janez Potocnik mit einer Klage beim EU-Gerichtshof droht.
In Schweden dürfen zwischen dem 15. Januar und dem 15. Februar 20 Wölfe erlegt werden. Dabei beträgt der geschätzte Bestand nur etwa 200 Tiere. Im vergangenen Winter waren offiziell sogar mindestens 27 Wölfe gejagt worden. Dies sei keine "begrenzte Jagd", wie von Stockholm behauptet, beschwert sich nun Potocnik in einem Schreiben an die schwedische Regierung.
Den EU-Umweltkommissar verärgern auch die immer neuen Ausflüchte aus Stockholm. Im vergangenen Jahr hatte die schwedische Regierung behauptet, dass sie die Jagd "ausbalancieren" wolle, indem man eine etwa gleich große Zahl von Wölfen aus Finnland oder Russland importiere. Dies würde auch die Gefahr der Inzucht mindern.
Tatsächlich aber, so Potocnik, sei ein solcher Wolfsimport nie erfolgt. In diesem Jahr hatte sich Stockholm deshalb auch eine andere Begründung überlegt: Die Jagderlaubnis werde dazu beitragen, die Akzeptanz für die Wolfspopulation in den betroffenen Gebieten zu steigern. Ein solches Argument sei weder nachvollziehbar noch akzeptabel, meint dazu der Umweltkommissar.
Außerdem sei schon jetzt zusätzlich zur jährlichen Jagd das Abschießen einzelner Wölfe erlaubt, wenn sie Vieh oder Haustiere reißen oder sich menschlichen Besiedlungen aufdringlich nähern. Etwa die Hälfte Schwedens sei für Wölfe sowieso gesperrt: In Gebieten, in denen Rentiere gezüchtet werden, sind sie zum Abschuss freigegeben.
Im Januar 2010 hatte die Wolfsjagd zu chaotischen Zuständen geführt, weil fast 10.000 Jäger zugelassen worden waren, um die 27 zum Abschuss freigegebenen Tiere zu töten. Die Quote wurde nicht nur überschritten, es gab auch eine unbekannte Zahl nur angeschossener Wölfe, die vermutlich elend verendeten. In diesem Winter haben sich für die Quote von 20 Wölfen bereits über 3.000 Jäger gemeldet.
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