3.000 Anschläge auf die Koalition (15): Helmut Zachau vom Präventionsrat West fordert einen neuen Anlauf : Stadtentwicklung für alle Menschen
Die Armut ist durch strukturelle Grundlagen bei der Einkommensverteilung in unserer Republik verursacht, die durch Bremen nicht wesentlich beeinflussbar sind. Aber es sind Bedingungen gestaltbar, die individuelle Wege aus der Armut ermöglichen und allen Menschen einen respektvollen und angemessenen Platz in unserer gemeinsamen Stadtgesellschaft ermöglichen. Darum geht es.
Die Armut konzentriert auf einige Stadtteile, während der restliche Teil der städtischen Community in seinen Vierteln ein relativ unbekümmertes Leben führt. Der sorgt zum Beispiel mit seinem Einfluss dafür, dass die Bildungsversorgung in Schulen und Kitas besser ist. Zwanzig Millionen Euro für das City-Center sind politisch kein Problem, 100.000 Euro Bewirtschaftungskosten für das kleine Gosebad in Gröpelingen, das für viele Gruppen im Stadtteil eine enorm wichtige Funktion hatte, sind wegen Haushaltnotlage angeblich nicht leistbar.
Der Stadtteil soll jetzt beispielhaft entwickelt werden, um so die nach wie vor absinkenden Sozialdaten in die andere Richtung zu bewegen. Die Erwartung vieler Akteure vor Ort, dass es zu einem koordinierten Vorgehen der unterschiedlichen Zentralressorts in Zusammenarbeit mit den örtlichen Akteuren kommen würde, erwies sich als Irrtum. Stattdessen wurden externe Architektenbüros beauftragt, die teure, aber inhaltlich weitgehend außerhalb des Stadtteils entwickelte Projektideen in Scheinbeteiligungsverfahren und aufwändigsten Präsentationen als Grundlage für die Entwicklung Gröpelingens präsentierten. Haushaltsmittel, die eigentlich für Maßnahmen im Stadtteil vorgesehen waren, landeten so in den Kassen von Projektgruppen oder wurden von der Bauverwaltung missbraucht, um Einsparverpflichtungen zu umgehen.
Die lokal wirkenden Kräfte haben weitgehend ungehört für ein anderes Vorgehen plädiert. Gröpelingen ist zwar arm, aber durch seine multikulturelle Prägung sehr spannend. Nicht der Migrationshintergrund ist die Ursache für Armut, sondern die Verteilungsmechanismen in unserer Gesellschaft. Das Zusammenleben vieler Kulturen ist ein Schatz, den es zu heben gilt. Es gibt viele lokale Einrichtungen, die wissen, wie das gehen könnte.
Sie arbeiten schon lange in Netzwerken ressortübergreifend zusammen. Sportvereine, Kirchengemeinden, Moscheen, Kultureinrichtungen, Nachbarschaftshäuser und Gesundheitseinrichtungen sorgen dafür, dass das Zusammenleben trotz des hohen Armutsanteils im Quartier weitgehend gut funktioniert. Aber sie sehen auch mit Sorge, dass die Trendwende der sozialen Abkoppelung nach wie vor nicht geschafft ist. In Osterholz-Tenever, das bezüglich der Sozialdaten aktuell noch etwas schlechter als Gröpelingen dasteht, ist der Trend hingegen gebrochen. Dort hat die Stadt erfolgreich auf die Ortskräfte gesetzt.
Für Gröpelingen ist ein neuer Anlauf erforderlich, bei dem eine ressortübergreifend handelnde Projektgruppe die Potenziale im Stadtteil stärkt und unterstützt.