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30 Jahre LE MONDE diplomatique auf Deutsch Über den Tellerrand hinauskommen

taz-Ikone Konny Gellenbeck verrät das Erfolgsrezept, wie LE MONDE diplomatique zur taz kam und was die Monatszeitung bis heute auszeichnet.

Einst über den Dächern Kreuzbergs: die legendäre alte Leuchtreklame von LE MONDE diplomatique hängt heute wettergeschützt im Speisesaal der taz Kantine Foto: Karsten Thielker

Aus der taz | Bei der taz brauchte es schon immer nur drei Schritte, um ein Projekt erfolgreich auf den Weg zu bringen:

Alles fängt natürlich damit an, dass jemand eine gute Idee hat. Im Falle der deutschen Ausgabe von Le Monde diplomatique war der Ideengeber Thomas Schmid. Der langjährige Auslandsredakteur war zu diesem Zeitpunkt Vorstandsmitglied der taz.

Zweiter Schritt: Geld

Ideenreichtum ist eine der wenigen Ressourcen, an denen es der taz nie mangelte. Der wichtige zweite Schritt ist deshalb das liebe Geld: Ohne eine Vorfinanzierung kann die beste Idee nicht zu einem Vorhaben werden.

Die Idee, eine deutsche Ausgabe von Le Monde diplomatique zu entwickeln, konnte vor 30 Jahren – einer Zeit der besonders leeren taz-Kassen – nur auf den Weg gebracht werden, weil sich die taz Genossenschaft eine kleine Vorfinanzierung aus den Mitgliederbeiträgen genehmigte.

Dritter Schritt: Kolleg:innen

Aber von Geld allein ist der Erfolg nicht abhängig. Es braucht auch – Schritt drei – Kolleg:innen, die das Projekt zu ihrer Sache machen und gestalten. Das muss nicht unbedingt der oder die Ide­en­ge­be­r:in sein. Im Fall LMd waren es in den Anfangsjahren zwei starke Frauen, die geschätzten Kol­le­g:in­nen Marie Luise Knott und Barbara Bauer.

Zuerst gab es nicht mehr als einen Schreibtisch im Kabuff neben der Chefredaktion, dann ein Eckzimmer unterm Dach im Altbau, schließlich zwei Räume gegenüber in der taz-Dependance in der Charlottenstraße. Und seit 2018 sitzt die LMd-Redaktion im taz Neubau in der Friedrichstraße 21.

Als kleines Experiment gestartet, wurde LMd ein publizistisches Projekt, das seiner Zeit oft voraus war.

Was LMd noch leistet

Von Ausgabe zu Ausgabe wurde auch der LMd-Kosmos größer. Die Atlanten der Globalisierung, die seit 2003 hinzukamen, brachten schließlich auch noch ordentlich Geld (siehe Schritt 2) in die taz-Kassen.

Heute arbeitet ein Team unter der Leitung von Dorothee D’Aprile an der monatlichen Ausgabe, die heute wie damals entweder eigenständig abonniert oder von den Abon­nen­t:in­nen der taz kostenlos gelesen werden kann.

Die langen Expertentexte mit ihrem klaren linken Standpunkt sind für mich und viele tausend Le­se­r:in­nen eine große Bereicherung. Nach der Lektüre bin ich grundsätzlich informierter und oft auch klüger.

Hilfe, um Konflikte zu verstehen

Und die seit 2007 zweimal im Jahr erscheinenden LMd-Editionen liebe ich geradezu – ob ich mit den Augen auf den Buchstaben nach Indien reise oder noch mehr über die USA und Trump erfahre –, obwohl ich schon so viel dazu gelesen habe.

Die Konflikte brechen ja immer wieder auf, und so kann es nie schaden, auch ältere Themenhefte noch einmal zur Hand zu nehmen: Ich empfehle die Israel-Palästina-Edition von 2017, die Türkei-Edition von 2023 und die Afghanistan-Edition von 2015.

Besonders erfreulich ist es, wenn ein Projekt, das mit so viel Herzblut auf den Weg gebracht wurde, auch noch viele zahlende Le­se­r:in­nen findet.

Herzlichen Glückwunsch an alle Beteiligten.

Und in der digitalen Zukunft: Fundiertes Wissen ist die Grundvoraussetzung für Veränderung. Ihr und eure Arbeit werdet gebraucht!

🐾 Konny Gellenbeck, taz-Ikone, ist Mitbegrüdnerin der taz Genossenschaft und der taz Panter Stiftung.

🐾 Wie der damalige taz-Auslandsredakteur Thomas Schmid die Gründung der deutschen Ausgabe von LE MONDE diplomatique erlebte und mit anschob, lesen Sie hier.