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Archiv-Artikel

30 Berufsjahre + 30 Stundenwoche = 1300 Euro

Größter ErzieherInnenstreik seit 1994: 45 Kitas zu, 80 mit Notdiensten. Rund 1500 kamen zur Streikdemo

Es war der größte ErzieherInnenstreik in Hamburg seit 1991: Rund 1500 Mitarbeiter der „Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten“ folgten gestern dem Aufruf von ver.di und GEW und versammelten sich zum Warnstreik gegen drohende Lohneinbußen vor der Zentrale am Grindelberg. In 45 der 174 Kitas des städtischen Trägers wurden keine Kinder betreut, in 80 wurde mit Notdiensten gearbeitet. Nur in 50 lief der normale Betrieb.

Nur Vogelstimmen waren gestern vor der Kindertagesstätte Südring am Stadtpark zu hören. Das gleiche öde Bild vor der Kita Swebengrund in Farmsen, wo er nur einen Notdienst gibt. In der Kita Struenseestraße zeigt ein Vater Verständnis für den Streik: „Erzieher ist ein anstrengender Beruf“, sagt er. „Der muss gut bezahlt werden.“

Doch es gibt auch Eltern, die erwägen, für den gestrigen Tag eine Rückerstattung der Kosten einzuklagen, wie Jutta Ehlberg und Klaudia Kretz von der Kita Baumacker berichten. „Ich bin hier, damit sie uns nicht das Gehalt absenken und zukünftige Erzieher nicht in eine schlechtere Lohngruppe kommen“, erklärt Jutta Ehlberg, die nach 30 Berufsjahren für ihren 30 Stunden-Job 1300 Euro netto erhält. Noch schlechter gehe es den jüngeren Kollegen: „Die meisten müssen sich einen Nebenjob suchen.“

Ver.di-Fachsekretär Guntram Wille zeigte sich zufrieden: Es sei gelungen, „den halben Betrieb lahm zu legen“. Knackpunkt der heute anstehenden Verhandlungen sei die geplante „Abgruppierung der Kollegen“, die vor allem Jüngere um künftige Gehaltszuwächse bringe. Ein solcher 26- Jähriger steht am Rand der Kundgebung und hat ganz andere Sorgen. Sein Vertrag läuft nur bis September, Hamburgs größter Kita-Träger stellt nur noch befristet ein. „Ich bin gerade Vater geworden und möchte meinen Job behalten“, sagt er. „Ich muss meinem Kind doch was bieten.“ Kaija Kutter