: §218 demonstrativ in die Zange nehmen
■ Frauen aus Ost und West werden für die Abschaffung des Abtreibungsparagraphen in Bonn auf die Straße gehen
Bonn (taz) - Für die sofortige und ersatzlose Streichung des Abtreibungsparagraphen 218 aus dem Strafgesetzbuch demonstrieren am 16.Juni in Bonn Frauen aus Ost und West. Zu dieser Protestveranstaltung unter dem Motto: „Frauen entscheiden selbst“ hat ein seit drei Jahren bestehendes überparteiliches Frauenbündnis gestern aufgerufen. Claudia Walter vom Bundesvorstand der Jungsozialisten und Verena Krieger vom Grünen Bundesvorstand, die die Demonstration mitorganisiert haben, rechnen mit über 10.000 Frauen auch aus der DDR, die für diese Forderung auf die Straße gehen werden.
Die Organisatorinnen vom Bündnis „Frauen begehren Selbstbestimmung“ wollen durchsetzen, daß die in der DDR bestehende Straffreiheit für einen Schwangerschaftsabbruch bestehen bleibt. Außerdem wollen die Frauen verhindern, daß „das Abtreibungs(un)recht der BRD auch in der DDR“ eingeführt wird. Ebenso wenden sich die Frauen gegen die inzwischen von westlichen Politikern tolerierte Übergangslösung, die vorsieht, die beiden unterschiedlichen Regelungen für eine Übergangszeit nebeneinander bestehen zu lassen und danach die DDR-Regelung mit der Fristenlösung an das bundesdeutsche Recht anzugleichen. Ebenso fordern die Frauen, daß auch die Straffreiheit von Ärzten bei Abtreibungen gewährleistet wird und gute Möglichkeiten zum ambulanten Abbruch in der ganzen BRD angeboten werden.
Seit Verabschiedung des Paragraphen in der BRD vor 14 Jahren versuchen rechte Abtreibungsgegner diese von den Frauen hart erkämpfte liberalere Fassung des Abtreibungsparagraphen zu demontieren, stellten die Frauen fest. Insbesondere die spektakulären „Memminger Hexenprozesse“ und das Verfahren gegen einzelne Frauenärzte, die Abtreibungen vorgenommen haben, ist nach Ansicht der Frauen ein Beispiel dafür, wie sie in der BRD kriminalisiert und unter Druck gesetzt werden. Die Klage Bayerns vor dem Verfassungsgericht gegen die Notlagenindikation und die Finanzierung der Abtreibung auf Krankenschein ist für die Frauen ein Hinweis darauf, daß die Abtreibungsgegner jeden legalen Abbruch verhindern wollen.
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