: §218: Männerstreit um Frauenrechte
■ Bonner Herrenrunde zum Abtreibungsrecht konnte sich nicht einigen / Lambsdorff bekennt: „Ich war falsch beraten“ / SPD auf Kompromißkurs
Das Bonner Politspektakel um das Abtreibungsrecht ist um eine groteske Note reicher: Otto Graf Lambsdorff beichtete gestern, er sei in der Frage Wohnort- oder Tatortprinzip bei Abtreibungen „falsch beraten worden“. Inzwischen aber habe sich „allgemein die Erkenntnis durchgesetzt“, daß im bundesrepublikanischen Strafrecht das Tatortprinzip gelte. Nun, so die markigen Worte des FDP-Vorsitzenden, der noch vor wenigen Tagen unter Druck der CDU/CSU umgefallen war, werde es mit seiner Partei das Wohnortprinzip nicht geben: „Es war nicht ein Ausbund an Professionalität, daß wir auf der falschen Schiene gelandet sind.“
Verführt wurde Lambsdorf von Innenminister Schäuble, der ihm diese Erkenntnis erst nach dem Koalitionsbeschluß geflüstert habe. Schäuble will aber nach wie vor beim §218 das Wohnortprinzip im Einigungsvertrag festschreiben.
Nachdem sich die Bonner Herrenrunde auf keine Übergangsregelung einigen konnte, wird am Mittwoch weiterverhandelt. Bei der SPD deutet sich ein fragwürdiger Kompromiß an. Däubler-Gmelin: Ihre Partei sei „zur Not“ bereit, die Abtreibungsfrage aus dem Staatsvertrag zu nehmen und in einem „Eingliederungsgesetz“ zu regeln. Zugleich ist im Gespräch, die übergangszeit auf ein Jahr zu verkürzen.
Für die ersatzlose Streichung des §218 und gegen die „Einverleibung der DDR“ plant ein linkes, feministisches Frauenbündnis aus Ost und West eine große Frauendemonstration am 29. September in Berlin. Reichlich spät! SEITE 4, KOMMENTAR SEITE 10
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