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1.500 Beamte jagten einen MannAusbrecher Michalski gefasst

Sie hatten halb Bielefeld abgesperrt, alle Verwandten überwacht: Nach fünf Tagen gelang es 1.500 Polizisten schließlich, den entflohenen Mörder Michalski nahe der Grenze auf einem Fahrrad zu erwischen.

Endstation einer Flucht: Landstraße 58 in Schermbeck. Bild: dpa

BIELEFELD/KÖLN dpa/ap | Nach fünf Tagen und einem spektakulärem Großeinsatz der Polizei ist auch die Flucht des zweiten Gefängnisausbrechers Peter Paul Michalski von der Polizei unblutig beendet worden. Spezialeinsatzkräfte überwältigten den bewaffneten 46-jährigen Schwerverbrecher am Dienstag an einer "günstigen Gelegenheit" um 09.50 Uhr in Schermbeck nahe der holländischen Grenze, wie ein Polizeisprecher sagte.

Michalski wurde an einer Landstraße am Rande eines Wohngebietes festgenommen. Er war dort mit einem Fahrrad unterwegs, wie die Polizei erklärte. Laut WDR rammten die Einsatzkräfte bei der Festnahme Michalski auf dem Fahrrad. Weitere Einzelheiten sollten auf einer Pressekonferenz am Nachmittag (15.00) in Köln bekanntgeben werden.

Der Komplize des verurteilten Mörders, Michael Heckhoff, war bereits am Sonntag in Mülheim an der Ruhr gefasst worden. Ähnlich wie bei Heckhoffs Festnahme, sei auch der Zugriff am Dienstag schnell und effektiv gewesen, sagte der Sprecher. Weder Beamte noch Michalski seien verletzt worden.

Zuletzt hatten die Fahnder erklärt, dass sie den verurteilten Mörder Michalski in seiner alten Heimat in Ostwestfalen vermuteten. Seit Montagvormittag durchkämmten sie das Bielefelder Umland, wo der 46-Jährige aufwuchs. Die Polizei vermutete, dass er dort noch über Kontakte zu Freunden oder Bekannten verfügte.

Dabei waren 1.500 Beamte im Einsatz. Die Polizei ging nach Angaben eines Sprechers davon aus, dass der Verbrecher dort noch soziale Kontakte hat. Eine groß angelegte Fahndungsaktion mit Hubschrauber, mehreren Polizei-Hundertschaften und Spürhunden blieb aber erfolglos. In Bielefeld waren unzählige Autos auf Ausfallstraßen, waren Busse und Bahnen überprüft worden. Die Polizei hatte außerdem Häuser und Wohnungen von Verwandten und Bekannten des Mörders, der aus Herford stammt, überwacht.

Weil Michalski offenbar auf Schmerzmittel angewiesen ist, hatte die Polizei Apotheken vor möglichen Überfällen gewarnt, die Bürger hatte man angehalten, sich dem "skrupellosen Verbrecher" auf keinen Fall zu nähern: "Wir wissen nicht, ob er gestresst ist, ob er psychisch stabil ist, wir wissen aber, dass er ein äußerst gefährlicher Gewalttäter ist", erklärte die Polizei.

Wieder gefasst: Der flüchtige wegen Mordes verurteilte Peter Paul Michalski. Bild: ap

Während der Flucht hatten die Ausbrecher drei Autos gekapert und dabei zwei Taxifahrer, eine Schülerin und ein Ehepaar in ihre Gewalt gebracht.

Am Donnerstag ausgebrochen

Michalski war zusammen mit Geiselgangster Heckhoff vergangenen Donnerstag aus dem Aachener Gefängnis geflohen. Hilfe bekamen sie dabei offenbar von einem 40-jährigen JVA-Bediensteten, der seit Samstag in Untersuchungshaft sitzt. Er soll die Schwerverbrecher unter anderem mit Pistolen und Munition versorgt haben.

Auf ihrer Flucht sind die Schwerverbrecher den Fahndern offenbar mehrfach nur um Haaresbreite entgangen. Heckhoff erklärte der Bild-Zeitung, schon in der Nacht zum Samstag seien er und sein Komplize am Baldeneysee in Essen fast in eine Polizeistreife gelaufen.

Die Polizei wurde von der Veröffentlichung des Bild-Berichts überrascht. "Wir müssen derzeit davon ausgehen, dass in dem Artikel Informationen verarbeitet sind, die unbefugt an die Bild-Zeitung gelangten. Die Behörde leitete deshalb ein Ermittlungsverfahren ein.

Beide Schwerverbrecher sind zu lebenslangen Haftstrafen und Sicherungsverwahrung verurteilt. Michalski erschoss 1993 im Hafturlaub einen Mittäter. Heckhoff war 1992 an einer Geiselnahme in der JVA Werl beteiligt.

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11 Kommentare

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  • M
    @micha

    ach micha. wie einfach deine welt doch ist. "mörder", "schwerverbrecher". das mag ja alles sein. die frage ist aber wie gesellschaftlich damit umgegangen wird. und das strafe als mittel einfach nicht funktioniert und gesellschaftliche umstände ausblendet ist schon seit längerem bekannt.

     

    recommended:

     

    http://www.projektwerkstatt.de/strafe/html/strafe.htm

  • A
    atypixx

    @ Wayne

     

    Du hast aus Wikipedia zitiert, aber zur zeitigen Freiheitsstrafe. Ich habe über LEBENSLANGE Freiheitsstrafe gesprochen, aus der man nur bei positiver Legalprognose entlassen wird (§ 57a Abs. 1 Satz 1 Nummer 3 StGB i.V.m. § 454 Abs. 2 StPO). Wer aber eine positive Legalprognose hat, kommt auch nicht in Sicherungsverwahrung. Stimmt also, was ich geschrieben habe (was übrigens auch keine Kritik an dem Artikel ist) ... Nicht immer gleich so undifferenziert Wikipedia wiergeben.

  • W
    Wayne

    @atypixx :

    "Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung [...] ist im deutschen Strafrecht eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung und soll dazu dienen, die Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern zu schützen. Ein Straftäter, gegen den Sicherungsverwahrung angeordnet wurde, verbleibt in staatlicher Verwahrung, nachdem er die daneben ausgeurteilte Freiheitsstrafe verbüßt hat."

    Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Sicherungsverwahrung (Stand 1.12.09)

     

    Sicherungsverwahrung heißt die (unbestimmt lange) Zeit die der Inhaftierte NACH der Verbüßung seiner Haftstrafe zu bestreiten hat.

    Stimmt also was im Artikel steht...Nicht immer gleich so laut rumschreien ;)

     

    @Vldck:

     

    Das die beiden entwischt sind, das ist peinlich, aber offensichtlich auch nur unter Beiheilfe möglich geschehen.

    Ich sehe nicht was an dem ganzen "ineffektiv" gewesen sein soll.Die Festnahmen haben unblutig stattgefunden, die Fahndung lässt sich als schnell bezeichnen.

    Sehe da keinen Kritikpunkt.

  • IV
    Ihr Vldck-Reply-Reply

    Ich glaube man muss weder für totalüberwachung sein noch polizeipräsident werden um zu verstehen dass die polizei in der jetzigen form absolut überholt ist.

  • M
    Micha

    @ DasGesetz:

     

    Der "allgemeinen Hetze"??? Ohja...der arme arme Peter Paul Michalski soll doch bitte wenigstens von den links stehenden Medien in Ruhe gelassen werden. Mörder bleibt Mörder und Mörder = Schwerverbrecher.

  • R
    rtw1209

    Hier kann Dieter Nuhr gut zitiert werden: "...wenn man keine Ahnung hat, einfach mal ...!

  • O
    Opi

    Bin ehrlich verwundert, dass man den Ausbrecher so früh gefunden hat. Der hätte doch eigentlich erst kurz vor der Wahl in NRW gefasst werden dürfen. Das hätte dem dort regierdenden Arbeiterführer doch zusätzliche Wäahlerstiimen gebracht.

  • D
    DasGesetz

    Muss denn ausgerechnet die TAZ von einem "Schwerverbrecher" sprechen? Warum sich mit einem dämlichen Foto der Entflohenen der allgemeinen Hetze anschließen?

  • A
    atypixx

    "Beide Ausbrecher sind zu lebenslanger Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt"

     

    Was übrigens NULL Sinn ergibt, da bei Entlassung aus lebenslanger Haft ZWINGEND zugleich aus der Sicherungsverwahrung entlassen wird. Das heißt, es gibt keinen einzigen denkbaren Fall, wo jemand aus lebenslanger Haft herauskommt und dann in die Sicherungsverwahrung muss. Reine Show.

  • V
    Vldck-Reply

    Hätten wir Totalüberwachung oder Dich als Polizeipräsident wäre es sicher viel schneller gegangen...

     

    Man man man...

  • V
    Vldck

    Na das ging ja flott :D! Die Polizei ist jawohl einer der ineffektivsten und ausgelaufensten Vereine aus Deutschland...