1,5 Billionen Euro Staatsschulden: Noch mehr Miese
Staatsverschuldung nimmt weiter um 0,5 Prozent zu. Die Grünen sind gegen "Steuersenkungen auf Pump".
BERLIN taz Trotz aller Sparmaßnahmen und neuer Einnahmen durch die höhere Mehrwertsteuer ist die Verschuldung der öffentlichen Hand weiter angestiegen. Zum Ende vergangenen Jahres standen Bund, Länder und Gemeinden mit zusammen mehr als anderthalb Billionen Euro in der Kreide. Das sind 0,5 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor, teilte das Statistische Bundesamt am Montag mit. Rechnerisch entfallen damit auf jeden Einwohner 18.880 Euro.
Wenn man bedenke, dass sich Deutschland in einer Wachstumsphase befinde und die Mehrwertsteuer zudem vom 1. Januar 2007 auf 19 Prozent erhöht wurde, "dann hätte das Ergebnis besser ausfallen müssen", sagte Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, am Montag. Angesichts der aktuellen Debatten um Steuersenkungen in der Union und FDP warnte Schick davor, "Steuersenkungen auf Pump" zu versprechen.
Allerdings hat sich die Zunahme der Staatsverschuldung erheblich verlangsamt. Nach den Zahlen des Statistischen Bundesamtes stiegen die Rückstände von Bund, Ländern und Gemeinden im Jahr 2006 um 2,5 Prozent, im Jahr davor war der Schuldenberg um 4,1 Prozent angewachsen. Den höchsten Schuldenzuwachs verzeichnet der Bund. Die Finanzen der Länder haben sich hingegen recht unterschiedlich entwickelt. In sechs Bundesländern, darunter Bayern, Sachsen, Berlin, ist die Schuldenlast pro Einwohner zurückgegangen. Auch in den Gemeinden freute man sich über entlastete Haushaltskassen. Dort gingen die Rückstände Ende vergangenen Jahres um 1,4 Prozent zurück. Viele Gemeinden konnten ihre Ausgaben einschränken, indem sie Aufgaben, etwa von Kläranlagen oder Müllabfuhren, in Eigenbetriebe auslagerten, erklärte ein Sprecher des Statistischen Bundesamtes.
Den höchsten Schuldenstand pro Einwohner hat Bremen mit 21.894 Euro pro BürgerIn. Dann folgt Berlin. Bayern und Sachsen weisen rein rechnerisch die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung der regional zuordenbaren öffentlichen Rückstände auf.
Nicht nur auf die Schulden, sondern auch auf die öffentlichen Investitionslücken zu schauen, dafür plädierte Dierk Hirschel, Chefökonom des Deutschen Gewerkschaftsbundes. "Steuermehreinnahmen sollten nicht primär in die Schuldentilgung, sondern mehr in öffentliche Investionen gesteckt werden." Verglichen mit anderen EU-Ländern gibt Deutschland im Verhältnis zu seinem Bruttoinlandsprodukt nur wenig Geld für öffentliche Investitionen, etwa für Bildung aus. Diese Investitionsquote müsste "wieder auf den europäischen Durchschnitt" angehoben werden. Allerdings hat Deutschland im Vergleich zum EU-Durchschnitt auch einen besonders hohen Schuldenstand. BARBARA DRIBBUSCH
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