100 Jahre Dada: Küsschen mit Wildpferd

Einer der meistgecoverten Songs des Pop: Wie der Song „Da Da Da“ um die Welt geht, der die niedersächsische Band Trio berühmt machte.

Die drei Musiker von Trio

Trio, das sind: Stephan Remmler, Peter Behrens und Kralle Krawinkel (v.l.n.r.). Foto: dpa

„Alle Stilisten sind nicht einmal Esel. Denn Stil ist nur eine Verlegenheitsgeste wildester Struktur“, schreibt der Berliner Dadaist Walter Serner 1920 in seinem Manifest „Letzte Lockerung“.

Ob ihn wohl „Da Da Da“ aufgelockert hätte? So heißt die Debütsingle der Band Trio aus Großenkneten. Erstmals veröffentlicht am 9. Februar 1982, ist „Da Da Da“ ein auf heilsame Weise entkrampfender spätdadaistischer Popsong.

Produziert wurde „Da Da Da“ übrigens von dem Grafiker Klaus Voormann, der 1966 für die Beatles das Cover ihres Albums „Revolver“ gestaltet hatte. Pilzköpfe sind Trio keine, sie haben sich als Sturköpfe aus der niedersächsischen Provinz inszeniert. Voormann verhalf ihnen bei „Da Da Da“ zu mehr Weltläufigkeit, er spielt kaum hörbar den Bass.

Dadaismus ist ein Suggestivbegriff. Abgeleitet wird er von Da Da, rumänisch für Ja Ja. Der französische Ausdruck für Steckenpferd „Cheval de Boi“ steckt auch mit drin und natürlich kindliche Nennlaute. Was wäre dann Dadadaismus? Ein Susuggestivbegriff? Die Musiker von Trio fanden ihre eigene Antwort. „Da Da Da“ sei Minimal-Art, so minimal, dass es schon wieder Art ist, behaupteten sie. Ihr Song klingt gleichzeitig infantil und subversiv, er kommt besoffen rüber, hat aber einen schlauen Text.

„Aha, Aha, Aha!“ stammelt Sänger Stephan Remmler am Anfang. Und dann setzt das Markenzeichen der Musik ein, ihr Beat: Prägnant, pappig, irgendwie putzig. Punk trifft Telespielästhetik und Wirtschaftswunder-Sparsamkeit: Der Rhythmus ist mit dem Billig-Synthesizer Casio eingespielt. Dieses Keyboard erzeugt zusammen mit einer Gitarre auch die eingängige Melodie. Und dann hebt Remmler im Stile eines Nachtwächters an „Was ist los mit dir mein Schatz, aha? Geht es immer nur bergab, aha?“

Steil Bergauf

Mit dem Song von Trio ging es steil bergauf: 13 Millionen Exemplare verkaufte die Band alleine von dieser Single. Und das Ding verkauft sich immer noch, es ist ein Megaseller, bis heute. Für einen Song, der sich dem gängigen Herzschmerz-Schema verweigert äußerst ungewöhnlich: „Ich lieb dich nicht, du liebst mich nicht. Da Da Da“. 1982 blieb Trio damit monatelang in den Top Ten der Hitparaden. Platinstatus, also mehr als eine Million verkaufte Einheiten, gab es für „Da Da Da“ etwa in Kanada und Brasilien.

Wie sehr sich „Da Da Da“ ins kollektive Gedächtnis eingebrannt hat, lässt sich an unzähligen Coverversionen erkennen: Es gibt eine thailändische Version vom Teenpop-Sänger Anan Anwar. Weit schneller als die Triofassung vollführt der Sänger im Video Breakdance zur Musik. Bei der britischen Frauenband Elastica klingt „Da Da Da“ weniger nach Tresen wie beim Original und mehr nach Stunk im Schlafzimmer.

Da Da Da klingt gleichzeitig infantil und subversiv

Um ein dadaistisches Gedicht zu machen, empfahl der rumänische Schriftsteller und Dichter Tristan Tzara (1896-1963): Nehmt eine Zeitung/Nehmt Scheren./Wählt in dieser Zeitung einen/Artikel von der Länge aus, die/Ihr Eurem Gedicht zu geben/Beabsichtigt./Schneidet den Artikel aus./Schneidet dann sorgfältig jedes/Wort dieses Artikels aus und gebt/Sie in eine Tüte./Schüttelt leicht./Nehmt dann einen Schnipsel nach/Dem anderen heraus.

Das Grundmaterial des Dadaismus ist also die Zeitung. Deshalb feiern wir den 100. Geburtstag der künstlerischen und literarischen Bewegung am 5. Februar 2016 mit einer Dada-taz.

Und hier im Internet? Einfach die Anleitung von oben befolgen: Wörter zusammensetzen Mit der dem die neu aus Bildschirm dann Schere schneiden und schütteln. Hch. U.

Das brasilianische Duo Claudinho & Buchecha hat für seinen Song „Só Love“ dagegen den markanten Beat von Trio Eins zu Eins übernommen. Aus dem mürrischen „Da Da Da“ machen die beiden Musiker eine schwitzige Lovestory mit R&B-Schlagseite. Am irrlichterndsten klingt die Coverversion von Gleydson Rodrigues. Der berühmte brasilianische Rodeo-TV-Moderator destilliert aus dem minimalistischen Original eine brasilianische Sertanejo-Seifenoper, in deren Video Wildpferde eingeritten werden. Seinen weiblichen Fans spendiert er im Text reichlich Küsschen. „Da Da Da“.

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