1. mai : Die Revolution von Kreuzberg
Die Gewinnerin des gestrigen 1. Mai hat einen Namen: Cornelia Reinauer. Was noch vor Wochen keiner geglaubt hätte, ist der Kreuzberger Bezirksbürgermeisterin tatsächlich gelungen. Auch wenn es am Mauerpark in der Walpurgisnacht Randale gab und diese auch in der gestrigen Nacht nicht ausblieb, haben sich mit den 20.000 Menschen am Mariannenplatz und den tausenden auf den Kreuzberger Straßen weitaus mehr Menschen an den Maifesten beteiligt als an den Demos, die noch letztes Jahr das Geschehen bestimmt hatten.
Kommentar von UWE RADA
Dass es zu diesem Erfolg kommen konnte, hat sicher mehrere Gründe. Da ist zum einen das Personenbündnis von Peter Grottian, das im vergangenen Jahr auf eine Repolitisierung des 1. Mai setzte. Da sind Polizei und Innensenator, die trotz der Querschüsse aus der CDU an ihrem Konzept der „ausgestreckten Hand“ festhielten. Vor allem aber waren da die Kreuzberger und Kreuzbergerinnen selbst. Sie waren die Auseinandersetzungen, die nun schon ins siebzehnte Jahr zu gehen drohten, offenbar leid. Statt wie sonst ins Grüne zu fahren, eroberten sie sich ihren Kiez zurück.
Wie man den gestrigen 1. Mai und den Erfolg von Cornelia Reinauer auch immer bewerten mag: Eines war er sicher nicht – unpolitisch. Im Gegenteil. Die Anwesenheit so unterschiedlicher Menschen, Gruppen, Kulturen war die „Repolitisierung“, die noch im vergangenen Jahr gescheitert war. „Gemeinsam“, lautete das Motto des Tages, das überall zu spüren war.
An diesem Erfolg werden sich auch die Organisatoren der Demos messen lassen müssen, deren Motto dieses Jahr gelautet hatte: „gegeneinander“. An der Revolution, die in Kreuzberg gestern stattfand, kann keiner mehr ohne weiteres vorbeigehen.