1. FC Union schlägt Aachen: Ein dreckiger Sieg
Der 1. FC Union gewinnt gegen Aachen zu Hause mit 2:0. Mit Ballzauberei hatte das nichts zu tun, zufrieden ist der Club trotzdem.
Zufrieden? Nein, mit diesem Wort allein wollte Uwe Neuhaus seinen Gemütszustand nicht beschrieben wissen. "Ich bin sogar sehr zufrieden", betonte der Trainer von Union Berlin. Aber wer nun hinter dem 2:0-Erfolg gegen Alemannia Aachen ein rassiges Fußballspiel vermutet, mit gewitzten Kollektiv-Kombinationen, individuellen Kabinettstückchen und unzähligen Torraumszenen, wer den 14.889 Zuschauern an der Alten Försterei die 90 Minuten am Samstagmittag neidet, der sei beruhigt.
Kapitän Torsten Mattuschka sprach treffend - wenn auch recht unverblümt - von einem "dreckigen, aber wichtigen Sieg". Und Trainer Neuhaus selbst räumte ein, dass die Partie für die Zuschauer nicht so attraktiv gewesen sein mag. Eine vornehme Untertreibung. Von der Mannschaft Alemannia Aachens, der bereits zuvor nur ein Tor in acht Spielen gelang, hatte zwar niemand etwas erwartet - zumal deren neuer Trainer Friedhelm Funkel berüchtigt dafür ist, seine Teams zuallererst aufs Verteidigen einzuschwören. Aber auch Union hatte insbesondere in der ersten Hälfte wenig Schöpferisches zu bieten. Beide Treffer entsprangen aus einer Standardsituation. Das ersehnte Führungstor in der 39. Minute resultierte gar aus einem missratenen Eckstoß von Torsten Mattuschka. Weil der Ball im Zentrum die Köpfe etlicher Mitspieler verfehlte, drosch Patrick Kohlmann diesen wieder in den Pulk hinein. Markus Karl gab der blindwütigen Hereingabe mit seinem Fuß die entscheidende Richtungsänderung zum 1:0.
Dass der glückliche Torschütze nach dem vierten Heimsieg in Folge bei seinen Erklärungsversuchen mehrfach das Wörtchen "irgendwie" bemühte, passte ganz gut. "Irgendwie" geht der Ball derzeit an der Alten Försterei immer ins Gästetor. Auch wenn wie am Samstag der treffsicherste Stürmer, der verletzte Brasilianer Silvio, fehlt.
Ein wenig hat das mit Glück zu tun. Nicht nur beim ersten Tor, auch in der 86. Minute, als Aachens Stürmer Benjamin Auer freistehend vor Torwart Jan Glinker die Nerven versagten, war das Schicksal den Unionern hold. Zwei Minuten später konnte Mattuschka die Partie per Strafstoß endgültig entscheiden. Andererseits hat der Erfolg der Berliner, die sich im oberen Tabellendrittel festgesetzt haben, viel mit ihrer derzeitigen Unbeirrbarkeit zu tun. Die Mannschaft lässt sich nicht davon irritieren, wenn ihr fast nichts gelingt. Auch gegen Aachen kam Union nach der einfallslosen ersten Hälfte besser ins Spiel, so dass selbst deren Trainer Funkel von einem "verdienten Sieg" sprach.
Neuhaus schwärmte von der "Ruhe und Gelassenheit" seines Teams und nannte das stolz "die Souveränität im Wissen um die eigene Stärke". Dem Glauben, dass aus dem neuen Selbstbewusstsein heraus auch an der Alten Försterei ein ästhetisch anspruchsvollerer Fußball kultiviert wird, erteilte er eine klare Absage. Er hält das wohl für so abwegig wie das Wachstum von Bananen auf Island. Im Unterschied zu einer Boulevardzeitung, stellte er heraus, sei ihm völlig klar gewesen, dass es gegen Aachen keinen "Zauberfußball" geben würde.
Nach spanischem Tiki-Taka-Kombinationsspiel wird sich an der Wuhlheide sowieso niemand ernsthaft sehnen. Absolute Zufriedenheit speist sich hier aus anderen Zutaten. "Dreckssiege" werden so ausgelassen gefeiert wie kaum an einem anderen Ort. Der achte Rang in der Liga, das ist schon nah am Optimum, oder wie Mattuschka sagte: "Wir haben jetzt 14 Punkte, das ist völlig in Ordnung. Am Freitag fahren wir nach Frankfurt als klarer Außenseiter."
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