01.05.2022 : Das taz lab 2022 im Stream mit Lauterbach, Habeck, Strack-Zimmermann, Klingbeil und vielen anderen
Aktuelle Pressemitteilungen der taz
Das taz lab 2022 fand erstmals in hybrider Form statt: In über 100 Veranstaltungen begrüßten die Moderator:innen der taz eine Vielzahl prominenter Gäste, die teils auch im Berliner taz-Haus anwesend waren. Robert Habeck, Luisa Neubauer, Karl Lauterbach, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Daniel Cohn-Bendit, Swetlana Gannuschkina, Deniz Yücel, Sarah-Lee Heinrich, Harald Welzer, Ulrike Herrmann, Lars Klingbeil, Jagoda Marinić, Ralf Fücks, Isabel Schayani und viele weitere Stichwortgeber:innen der Zeit setzten sich vor die Kameras, um für das taz-Publikum Rede und Antwort zu stehen. Dabei wurde inhaltlich ein weiter Bogen gespannt, der durch das Oberthema Klima, Klasse und Krieg gegeben war und diesem mehr als gerecht wurde.
In einem auch philosophisch anregenden Gespräch mit taz-Chefreporter Peter Unfried plädierte Wirtschaftsminister Robert Habeck (B’90/Grüne) für eine Neubewertung deutscher Leitlinien bei Rüstungsexporten: "Man muss sich qualitativ überlegen, wer militärischer Unterstützung bedarf, und wer nicht mit Rüstung aus Deutschland gepampert werden sollte." Er skizzierte, wie Deutschlands Rolle in einer neuen Sicherheitsordnung aussehen könnte: "Führen aus der zweiten Reihe, Deutschland muss in einer dienenden Rolle mehr Verantwortung tragen." Unser Lieblingszitat von Habeck indes: "Gerhard Schröder ist ein russischer Oligarch."
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) kommentierte die Situation in der Ukraine mit harten Worten "Wenn man Putin und seine Mischpoke laufen lässt, dann ist das nicht der letzte Angriff." Sie lobte ausdrücklich die Arbeit der Bundesaußenministerin: "Annalena Baerbock macht einen super Job, exzellent!" Sie forderte ein resoluteres Vorgehen: Zur Lösung "gehören bedauerlicherweise schwere Waffen. Jetzt sofort."
Harald Welzer nahm im Streitgespräch mit taz-Autorin Anastasia A. Tikhomirova im Gegenzug eine ablehnende Haltung zu verschärften Waffenlieferungen ein: "Wenn wir diese Kriegssituation auf Dauer stellen, dann haben wir einen verschärften Kalten Krieg mit einer permanenten Bedrohung der Entgrenzung."
PEN-Deutschland-Präsident Deniz Yücel fand derweil starke Worte für die pazifistische Linke: "No pasaran, die Faschisten dürfen nicht durchkommen. Das ist die Antwort", sagte Yücel und fügte mit Blick auf die taz hinzu: "Das ist auch die Tradition, in der dieses Haus steht."
Im selben und das taz lab abschließenden Panel kommentierte Daniel Cohn-Bendit die aktuellen Diskussionen um Äußerungen von Jürgen Habermas und anderer Intellektueller in der feministischen Zeitschrift "Emma" deutlich: "Der Pazifismus in Deutschland ist manchmal ohne Herzen. Er sieht nicht die Opfer, er sieht nur sich selbst."
Beim Themenkomplex der Klimakrise unterstrich Klimaaktivistin Luisa Neubauer die Rolle der Klimaschutzbewegungen wie Fridays For Future: "Der Auftrag von Bewegungen ist es, Wirklichkeit in die Politik und Medien einzubringen."
Im Gespräch des taz lab-Kurators Jan Feddersen mit Karl Lauterbach wurde die Besorgnis des Bundesgesundheitsministers über Desinformation im Netz deutlich: "Wir können noch so schnell sein, einen Impfstoff zu entwickeln, wenn er dann im Netz in Sekundenschnelle diffamiert wird. Dann geben wir die Milliarden aus, haben aber trotzdem keinen Erfolg." Er versuchte aber auch zu verdeutlichen, wie intensiv er unbeachtet öffentlicher Debatten in seinem Feld arbeitet: "Die Hälfte der Bevölkerung will, dass ich sage, dass die Pandemie vorbei ist. Die andere Hälfte will, dass ich das nicht sage, weil die Pandemie noch nicht vorbei ist. Für beide Gruppen muss ich der Minister sein."
In Bezug auf die weitere Entwicklung der Pandemie versuchte er Zuversicht zu verbreiten: "Ich möchte, dass wir mehr oder weniger perfekt vorbereitet in den Herbst gehen." Zugleich besorgte ihn, dass die Corona-Toten aus dem Blickfeld der Bevölkerung geraten: "Es bedrückt mich, dass sich die Gesellschaft daran gewöhnt hat, dass jeden Tag 200-250 Menschen an Covid sterben. Aber es ist nicht normal. Daran gewöhne ich mich nicht." Nicht erst nebenbei markierte er, wie stark die Gesundheitspolitik derzeit ausgelastet ist und dass deshalb ein für manche entscheidendes politisches Thema warten muss: "Die Cannabis-Legalisierung wird kommen. Aber nicht in diesem Jahr."
Aber auch andere Themen kamen zur Sprache. Lars Klingbeil verkündete: "Mit dem Koalitionsvertrag ist es entschieden, dass es ein Tempolimit in dieser Legislatur nicht geben wird." Weder die Grünen, noch die SPD müsse sich bei dieser Frage bewegen. Es war klar auf welche Partei er anspielte.
Erstmals seit Corona hatte sich das taz lab um eine analoge Komponente erweitert: Rund um das taz-Gebäude in der Berliner Friedrichstraße 21 bot die taz bei ihrem ersten Straßenfest einen Ort des gemeinschaftlichem Public Viewing und ein analoges Diskussionsforum mit vielen Gästen vor Ort.
Und das Gesamtmotto "Klima und Klasse", aus aktuellen Gründen erweitert zum Titel "Klima und Klasse und Krieg" verfing beim Publikum intensiv: Mehr als 3000 Zuschauer*innen hatten sich online zugeschaltet, rund 1.500 Besucher*innen begrüßte die taz vor Ort.
Zitat des taz lab-Kurators Jan Feddersen: "Wir sind stolz, ein demokratisches Forum, digital wie Outdoor, geboten zu haben. Besonders froh waren wir, gerade eine Fülle von osteuropäischen Referierenden, viele aus der Ukraine, gehört zu haben. Die demokratische Öffentlichkeit, auch die europäische, braucht eine Institution wie das taz lab mehr denn je.“
Highlights aus dem Programm, die als Mainstream bezeichnete Bühne vor Ort, sind auf taz.de/tazlab abrufbar.
Das nächste taz lab findet voraussichtlich am 29. April 2023 statt.
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