… Hasso Plattner? : Hotels platt
Nicht wenige in Potsdam würden am liebsten sofort zur Spitzhacke greifen: Kaum hatte TV-Moderator Günther Jauch – immer in der ersten Reihe, wenn es um die (historisierende) Stadtentwicklung an der Havel geht – gegen den „Schandfleck Mercure-Hotel“ gewettert und dessen Beseitigung gefordert, rückte quasi das Potsdamer Sprengkommando an. Der „Betonzahn“ in der Stadtmitte müsse weg, fordern jetzt Bauexperten, Stadtplaner, Barockaktivisten und Kulturpolitiker unisono. Und auch die Landtagsfraktionen sowie die städtischen Parteien SPD, CDU und FDP haben wenig Bedenken, das Hotel gegen eine neue Kunsthalle zu tauschen: FDP-Mann Johannes Baron von der Osten-Sacken fände einen Abriss des Mercure-Hotels einfach nur „toll“.
Über dem 17-stöckigen Mercure-Hotel, einem Symbol der DDR-Moderne, das 1969 als Interhotel eingeweiht wurde, schwebt seit ein paar Tagen die Abrissbirne. Seit der Software-Milliardär und Mäzen Hasso Plattner der Stadt eine neue Kunsthalle samt schwergewichtiger Sammlung zu stiften gedenkt, gibt es Attacken auf den ungeliebten Bau aus Ostzeiten. Kurz vor Ostern hatte Plattner das Mercure-Areal am Lustgarten für seinen Kunsttempel ins Spiel gebracht. Seither finden die Abrissbekundungen im Minutentakt statt. Das Rathaus steht Kopf. Mike Schubert, SPD-Fraktionschef im Stadtparlament, ist seit dem Wochenende sozusagen umgekehrt sprachlos: „Es drohen einem die Superlative auszugehen, wenn man versucht, die passenden Worte für das Engagement von Hasso Plattner für Potsdam zu finden.“
Nun könnte man in Potsdam auch vernünftig über das angekündigte Geschenk Plattners oder über den Standort einer Kunsthalle debattieren. Das Mercure-Hotel ist ein schwieriges städtebauliches Erbe. Und eine moderne Kunsthalle für zeitgenössische Kunst wäre sicher ein Glücksfall für die vom Barock dominierte Stadt. Selbst Kritiker des Mercure-Abrisses wie Linken-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg sehen das so. Es wäre ebenso vernünftig, die Meinung des Mercure-Eigentümers, des US-Finanzinvestors Blackstone, ernstzunehmen. Denn der will das Haus nach eigenen Angaben nicht unbedingt aufgeben. Oder pokern die Amis nur? Immerhin sollen Plattner und die Stadt 10 Millionen Euro für den Abriss geboten haben.
Doch was heißt in Brandenburgs Landeshauptstadt schon vernünftig? Weil es dort mittlerweile Tradition hat, dass die Millionäre die Stadtentwicklung befeuern, sprich: finanzieren (Plattner, Jauch und Co. haben das Stadtschloss ermöglicht, viel Barock aufgefrischt, die Garnisonkirche wiederbelebt, Geld in Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft gepumpt), sind nicht wenige Politiker aus Stadt und Land wie auf dem Trip. „Alles super“, lautet das Motto. Voll euphorisiert haut man da schon mal eben ein Hochhaus weg. Sei’s drum. ROLA Foto: dapd