Panter Preis Nominierte V : Ausgebremst vom Preisanstieg
Die Genossenschaft Havelmi stellt Bio-Haferdrinks her, musste die Produktion wegen steigender Kosten aber einstellen. Nun wird auf einen Bankkredit gehofft.
VON JOACHIM GÖRES
taz Panter Stiftung, 29.05.2023 | Kuhmilch gilt als Klimakiller. Als nachhaltigen Ersatz bietet die Genossenschaft Havelmi aus Brandenburg/Havel seit 2020 Bio-Haferdrinks aus regionalen Zutaten an. Jährlich werden 30 Tonnen Hafer verarbeitet, der von ökologisch arbeitenden Landwirten aus dem Bundesland Brandenburg stammt. Zusammen mit Solesalz aus Bad Belzig sowie Wasser und Bio-Sonnenblumenöl wird das Ganze zu einem cremigen Haferdrink oder durch Zugabe von Bio-Kakao zu einem schokoladigen Haferkakao verarbeitet.
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Havelmi
Das Besondere an dem veganen Produkt: Havelmi waren die Ersten, die als Genossenschaft frische Bio-Haferdrinks in Glasflaschen angeboten haben. Eine umweltfreundliche Verpackung, die bis zu 50 Mal wiederverwendet werden kann und so pro Flasche bis zu 50 Tetrapaks einspart. Bislang musste die geschlossene Flasche gekühlt werden – inzwischen hat Havelmi ein Verfahren entwickelt, durch das der Haferdrink bei gleichem Geschmack länger haltbar ist und nur noch nach dem Öffnen in den Kühlschrank gehört.
Havelmi wird zudem nach den Grundsätzen der Gemeinwohl-Ökonomie bilanziert, bei der die gesamte Wertschöpfungskette unter die Lupe genommen wird, damit der ökologische Fußabdruck so gering wie möglich ausfällt. „Mit unserem Handeln wollen wir einen Beitrag zu einer enkeltauglichen Zukunft leisten“, sagt Nina Sturm vom Havelmi-Vorstand.
Absatz gestiegen, Produktion gestoppt
Bislang unterstützen rund 250 Genossenschaftsmitglieder das Projekt, die Anteile von mindestens 150 Euro erworben haben. Allerdings steht die Genossenschaft derzeit vor einer ungewissen Zukunft: Obwohl die Absatzzahlen auf gutem Niveau stabil waren und zuletzt sogar leicht stiegen, wurden im September des vergangenen Jahres zwölf Beschäftigte entlassen und die Produktion eingestellt.
Verantwortlich dafür sind nach Angaben des Havelmi-Vorstandes die unter anderem durch den Krieg in der Ukraine gestiegenen Hafer- und Energiepreise. „Wir können den Verkaufspreis von 2,99 Euro pro Flasche aber nicht mehr erhöhen, deswegen war dieser Schritt notwendig“, sagt Vorstand und Mitgründer Achim Fießinger.
Der taz Panter Preis wird von der taz Panter Stiftung an Menschen vergeben, die sich gegen die Klimakrise engagieren. Dieses Jahr geht es unter dem Motto „Klima für Gerechtigkeit“ um solidarischen Klimaschutz. Eine Jury hat erstmals sieben Nominierte (statt sechs) für die Leser:innen-Wahl vom 3. bis 25. Juni ausgewählt. Zudem wird ein Preis von den ehemals Nominierten vergeben. Beide Preise sind mit 5.000 € dotiert und werden am 16. 09. verliehen. Infos: taz.de/panter.
Er steht in Verhandlungen mit einer Bank über einen Kredit, der auch notwendig für die Modernisierung der Produktion ist – bei effizienteren Anlagen könnte der Preis gesenkt werden. „Liebe Genoss*innen und Unterstützer*innen von Havelmi, unsere Katze ist aktuell unterwegs auf Mäusejagd!“, heißt es auf der Homepage der Genossenschaft mit Bezug auf die Havelmi-Katze, die als Firmensymbol auf den Etiketten aller Haferdrink-Flaschen abgebildet ist.
Bis zur endgültigen Entscheidung will man bei Havelmi aber nicht warten, denn je länger der Haferdrink aus den Regalen der Läden verschwunden ist, umso schwieriger wird der Wiedereinstieg. „Wir haben bei einem Partnerunternehmen die Produktion einer begrenzten Menge des Haferdrinks in Auftrag gegeben, mit dem wir uns ab Mitte Juni bei unseren Händlern, Bioläden-Betreibern in Berlin und den ostdeutschen Bundesländern sowie unseren Endkunden wieder in Erinnerung bringen wollen“, sagt Sturm.
Weitere Produkte geplant
Seit Mitte April arbeitet sie zusammen mit ihren beiden Vorstandskollegen in einem Büro in Berlin-Neukölln. Dort laufen die Planungen für weitere Havelmi-Produkte wie Brot, Haferriegel, Haferkekse oder Frühstückscerealien und für die Wiederaufnahme der eigenen Produktion in einer „gläsernen veganen Manufaktur“.
Mit dem Gewinn des Panter Preises könnte Havelmi ein weiteres Produkt marktreif machen, das es bisher noch nicht als Mehrweg-Glasverpackung gibt. „Viele regionale und kleine Anbieter hatten es schwer im letzten Jahr, viele Unverpackt-Läden mussten schließen, und die gesamte Bio-Branche hat sehr gelitten. Stellvertretend für all die möchten wir gerne den Preis entgegennehmen“, sagt Fießinger und ergänzt: „Wir wollen den Markt nicht nur großen Anbietern überlassen und ein Vorbild für andere regionale Betriebe und Initiativen sein.“
Damit verbindet er die Hoffnung, die Ernährungswende weiter aktiv mitgestalten zu können. Dazu gehört auch die Forderung, die Mehrwertsteuer für Hafer- und andere Pflanzendrinks von derzeit 19 auf 7 Prozent abzusenken. Denn dieser ermäßigte Steuersatz gilt bisher für Milch und Milchprodukte – trotz einer wesentlich schlechteren Klimabilanz.
Infos: havelmi.org