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18.01.2022 , 13:23 Uhr
Ihr Kommentar entlockte mir ein Lachen. Und wenn ich mir erlauben darf, Sie ein wenig in der Kommentarspalte zuzuschwallen...
Pluralität und Mündigkeit schließen einander fast schon aus, ist Pluralität in unserer Zeit doch nicht mehr als die Ideologie dafür, dass ein gesellschaftliches Miteinander bereits wäre, während gleichzeitig die Gesellschaft unter dem Druck ihres eigenen Prinzips (gemeint hier: ökonomische Konkurrenz) in unversöhnlich einander gegenüberstehende Gruppen zerfällt. Nichts Neues, sondern ein Phänomen der Moderne schlechthin: z.B. hat Franz Neumann in „Behemoth“ die These dargelegt, dass im NS-Faschismus mit seiner starken propagandistisch herbeigeführten Kohärenz, noch hinter dem Führerprinzip, die Herrschaft in konkurrierende Cliquen auseinanderbricht.
„Mündiges“ Denken, im Sinne von aufgeklärtem Denken, würde das als Erkenntnis in sich aufnehmen. Das dem nicht so ist, dafür ist dieser Meinungsartikel, unfreiwillig zwar, auch ein Schaustück. Fühlt doch Mertins, die Regeln der „pluralen Gesellschaft“ verletzt. Um es noch von einer anderen Seite aus zu betrachten: Ich finde es liegt fast schon auf der Hand, dass viel der affektiven Ablehnung, dessen was als „Political Correctness“ bezeichnet wird, eine Reaktion auf diesen anbefohlenen Pluralismus ist, der die Antagonismen versucht nur virtuell zu schlichten. Bleibt dieser Zusammenhang zwischen Herrschaft und Pluralismus, allerdings für den Einzelnen Undurchdrungen, werden die Zerfallsprozesse nicht auf Herrschaft selbst zurückgeführt, verstärkt das auch in den Einzelnen ein Bedürfnis sich einem der angebotenen Lager zuzuordnen. Ordnung statt Zusammenhang, ist die Losung des oktroyierten Pluralismus. Deshalb denkt Mertins auch, der Rassismus käme von ZDF, nicht von einer schwarzen Stipendiatin der Heinrich-Böll Stiftung. Das entspricht nicht der Ordnung in ihrem Kopf, daher wird auch nicht mehr recherchiert.
zum Beitrag18.01.2022 , 10:37 Uhr
Es ist gar meiner Meinung nach gar kein Fundament. @Mustardmaster trifft schon den Punkt: Kilomba macht aus der Projektion der Geliebten, eine des Lovers. Wir können zwar nicht ausschließen, dass die besagte Assoziationskette beim Lover wirksam war. Aber ein Nachweis haben wir nicht. Was wir allerdings nachgewiesen, ist dass sie bei „Alicia“ wirkmächtig ist. Die Analyse müsste also von „Alicia“ ausgehen. Der Sprung der hier so mir nichts dir nichts gemacht wird, den halte ich, für sozialwissenschaftlich betrachtet unlauter. Wäre alles nicht so schlimm, wäre Rassismus nicht tatsächlich ein gesellschaftliches Problem, dass zu analysieren von Relevanz ist. Den Leidensdruck stellt das Interview ja zur Genüge dar. Ich befürchte allerdings, dass Kilomba sich verteidigen würde, indem sie sagt, dass „Plantation Memories“ nicht rein wissenschaftlich zu betrachten sei, sondern biographisch und parteiisch. Dann ist meine Frage aber, warum bekommt jemand auf Grundlage solcher Publikationen Stipendien und Gastprofessuren für Gender- und Postcolonial Studies und was sagt das über die wissenschaftlichkeit dieser "Fachdisziplinen" aus?
zum Beitrag17.01.2022 , 17:00 Uhr
Ja, sehe ich auch so wie sie. Wollte nur ohne zu starke eigene Beurteilung das Original zitieren, auf das sich Menschen sich ihr eigenes Bild machen können. Dachte, dass würde dann ohnehin klar genug.
Ich denke Frau Mertins und die taz machen sich zum Affen. Nicht nur Aufgrund der Tatsache, dass es hier offensichtlich noch nichtmal für ein Mindestmaß journalistischer Sorgfalt reicht, der auch innerhalb eines Meinungsartikels zumindest soweit gewahrt werden müsste, dass man nicht völlig blindlings den falschen Adressaten für seine Vorwürfe wählt. Besonders wenn man auch noch eine öffentliche Entschuldigung verlangt und sich nicht völlig blamieren will.
Wichtiger noch ist folgende Beobachtung: Beim ZDF macht die TAZ im Jahr 2022 nun genau das Denken als rassistisch aus, dass die Stiftung der Grünen Partei vor roundabout zehn Jahren selbst zu protegieren und damit gezielt in den Geisteswissenschaften zu verankern begann. Es erscheint mir als schaue das taz-Mileu nun nach gewonnen Kulturkampf in den Spiegel, will sich aber selbst nicht mehr erkennen, weil das Abbild doch eher der Fratze ähnelt, die es vorgegeben hat zu bekämpfen. „the bullshit went full circle“. Daher auch meine Frage am Ende meines Beitrags…
zum Beitrag17.01.2022 , 10:42 Uhr
Macht sich evt Frau Mertins macht sich und die TAZ zum Affen? Es ist ja nicht so sehr das ZDF, dass in dem Lied eine Gleichsetzung zwischen Schwarzen und Affen sieht, hält der Intagrampost doch fest, dass sich hier auf Aussagen von „Kritiker*innen“ gestützt wird. Als Journalist hätte man dann doch wohl zu Fragen: Welche „Kritiker*innen“? Welche Aussage? Nun:
Es die Portugiesin Grada Kilomba, die das Lied in ihrem Buch „Plantation Memories“ als rassistisch einstuft. Als Grundlage für ihre Argumentation zieht sie ein Interview mit „Alicia“ heran. Diese berichtet von ihrem weißen Lover, der nachdem er Kokusnussbutter in ihrem Haar roch, fragte ob sie denn das Kinderlied mit der geklauten Kokosnuss kenne. Er müsse des Geruchs wegen daran denken. „Und er hat dieses Lied gesungen, und ich war so... so... und er sagte: "Aber dein Haar riecht wie Kokosnusscreme!" Er roch an meinem Haar und stellte diese Assoziation her... mit Affen, Affen im Dschungel, die Kokosnüsse gestohlen haben... verstehen Sie? Er assoziierte mich mit Affen... und dieses Lied... Ich war so am Boden zerstört... Ich war nicht sehr lange in dieser Beziehung, weil ich ihn nicht mehr ertragen konnte. Die Metapher des Afrikaners als "Affe" wurde tatsächlich real, nicht weil sie eine biologische Tatsache ist, sondern weil der Rassismus durch den Diskurs funktioniert.“ (S. 74 ff.)
Um die 2010er haben ihre Aussagen übrigens schonmal für Aufregung gesorgt, vor allem brachte ihr das aber einige Bühnenpräsenz in Berlin und Hamburg und einigen Beifall im Deutschlandfunk von Seiten der Bundeszentrale für politische Bildung ein. Darüber hinaus verschaffte ihr all das eine Gastproffessur in Berlin für Gender- und Postcolonial Studies. Gefördert und kultiviert wurde solch „skandalöses“ Gedankengut übrigens dann durch Heinrich Böll Stiftung, deren Stipendiatin Kilomba war.
Wer muss sich denn nun entschuldigen und für was?
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