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04.02.2021 , 09:06 Uhr
Vielen Dank für diesen Artikel, der aus meiner Sicht einen sehr guten Ton trifft!
Ich bin selbst in eine Zeugen-Jehovas-Familie geboren und habe mit 16 offiziell mit der Gemeinschaft gebrochen. Ich kämpfe aber heute, fast 15 Jahre später, immer noch mit den Spuren, die das Aufwachsen in dieser Gemeinschaft in der Psyche hinterlässt.
Für viele Menschen ist die Aussage, dass man bei Zeugen Jehovas aufgewachsen ist, Anlass für Türklingel-Witze. Viele sehen die als "harmlose Idioten". Wer sagt "soll man halt aussteigen, wenn es nicht passt", hat einfach keine Vorstellung davon, wie stark diese Formen von Gehirnwäsche wirken können. Ich würde mir wünschen, dass Leute weniger schnell ihre vorgefertigte Meinung präsentieren würden, wenn es um das Thema Sekten geht, und stattdessen mehr zuhören, was Menschen mit Sektenerfahrung dazu zu sagen haben.
Was im Artikel beschrieben wird, kann ich größtenteils nachvollziehen. Natürlich ist mein Erlebnis ein ganz anderes, da ich bis zu meinem Austritt gar nichts anderes kannte. Mir hat es, obwohl ich verbotene Freunde "in der Welt" hatte, jeden Boden unter den Füßen weggezogen. Meine Eltern durften noch Kontakt zu mir haben, weil ich die Taufe bis zu meinem Austritt verweigert hatte. Sie haben mich zunächst massiv versucht, zum Wiedereintritt zu bewegen. Erst als ich mit 19 von zuhause auszog, konnte ich anfangen, zu begreifen, wer ich als Person bin, was mir wichtig ist, woran ich eigentlich glaube. Die ersten Jahre bekam ich eine Panikattacke, wenn ich Zeugen Jehovas nur irgendwo stehen sah. Eine generalisierte Angststörung ist mir geblieben.
Es war ein langer Weg, doch ich bin froh, ihn gegangen zu sein.
Wer sich aufrichtig mit dem Leben in dieser Gemeinschaft befassen will, dem empfehle ich den Roman "Kein Teil der Welt" von Stefanie de Velasco, der meiner Erfahrung nach das Leben bei den ZJ sehr treffsicher beschreibt. Mein Mann hat erst durch dieses Buch verstanden, durch welche Hölle ich gegangen bin.
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