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24.11.2020 , 13:36 Uhr
Eine "klassische" Vergewaltigung hinterlässt häufig Spuren. Verletzungen, DNA, etc. Gibt jemand an, im Park vergewaltigt worden zu sein und es finden sich Spermaspuren von ihm in ihr, ist das zumindest schon mal ein starkes Indiz. Aber selbst da gibt es ja bereits Probleme, wenn das beispielsweise in der Ehe stattfindet. Nach meiner 10-Sekunden-Recherche war eine Vergewaltigung in der Ehe bis 1997 (!) gar nicht strafbar, sondern die "Pflicht" der Frau.
Nehmen wir einmal an, es würde ein Gesetz eingeführt, das sinngemäß besagt, dass alle (auch "einvernehmlichen") sexuellen Handlungen strafbar sind, wenn die Bedingungen unter denen sie stattfinden nicht mehr gegeben sind:
Ein Mann hat einvernehmlich Sex ohne Kondom mit seiner langjährigen Freundin, will nicht Vater werden, und hat nur Sex unter der Bedingung dass sie die Pille nimmt, oder ein Kondom. Sie gibt an, die Pille zu nehmen. Pille liegt auf dem Nachttisch und wird täglich leerer. Einen Monat später verdächtigt der Mann seine Freundin, Schwanger ohne sein Einverständnis werden zu wollen, und die Pille den Abfluss runter gespült zu haben. Er zeigt sie an, es kommt zu einer Verhandlung. Sie ist zwar nicht schwanger, aber nach Ansicht der Autorin des Textes ist das ja völlig egal, da die Strafbarkeit (und da stimme ich auch zu!) nicht davon abhängen sollte ob was "passiert" ist.
Jetzt steht also Aussage gegen Aussage. Er, 25, tiefergelegter 3er-BMW, vorbestraft weil er mit 15 mal frisiertes Mofa gefahren ist, 105 kg Muskel, Türsteher, gegen sie, 1,63 groß, zierlich, bringt Zeuginnen aus der Tafel bei der sie sich engagiert dass sie die liebste Frau der Welt ist. Richter entscheidet nach "Glaubwürdigkeit" - ich glaube wir können uns vorstellen wie das meist ausgehen wird.
Nochmal: es geht mir nicht darum zu behaupten, dass das verwerflich ist, ich sage nur dass ich keine STRAFRECHTLICHE Lösung sehe, die nicht extrem missbraucht werden kann und wo der charismatischere vor Gericht gewinnt.
zum Beitrag23.11.2020 , 19:19 Uhr
Das habe ich mittlerweile auch gesehen. Ändert aber nichts an meiner Aussage, dass mir das Sexualstrafrecht für manche Probleme ganz einfach nicht geeignet scheint.
In diesem speziellen Fall scheint das möglicherweise anders zu sein, da es hier ein Geständnis des "Täters" (*) gibt. In den allermeisten Fällen wird das wohl nicht existieren, und dann entsteht eine unauflösbare Aussage-gegen-Aussage-Situation.
(*) "Täter" hier in Anführungszeichen, da es sich ja zumindest nach Auffassung des Gerichts nicht um eine Straftat handelt...
zum Beitrag23.11.2020 , 16:11 Uhr
Dass Stealthing absolut inakzeptabel ist, muss man ja wohl kaum sagen. Konkret zu dem Fall kann ich nichts sagen, der Artikel enthält ja kaum Infos (was waren die Beweise?).
Ich glaube aber ehrlich gesagt nicht, dass es eine juristische Lösung gibt. Schlussendlich handelt es sich bei jedem einvernehmlichen Geschlechtverkehr um eine Zustimmung unter Bedingungen. Die werden aber quasi nie vorher schriftlich festgelegt und lassen sich -- sofern es kein Video davon gibt -- wohl auch im Nachhinein kaum überprüfen. Für mich stellt sich daher die Frage, wie man ein Gesetz formulieren soll, das gleichzeitig nicht ein reiner Papiertiger ist (gibt es das nicht schon? Ist das nicht schlussendlich eine Variation einer Vergewaltigung?) und trotzdem nicht Missbrauch Tür und Tor öffnet:
Unser ganzes Justizsystem beruht auf dem Grundsatz, dass die Anklage eine Straftat nachweisen muss. Sofern die Täterin oder der Täter nicht gesteht, muss hier quasi zwangsläufig ein Freispruch erfolgen, da es wohl kaum Möglichkeiten gibt, die Aussage-gegen-Aussage-Sitaution aufzulösen.
So schrecklich für das Opfer ist, glaube ich nicht dass hierfür eine rechtliche Lösung geben KANN, die nicht unser gesamtes Justizsystem in Frage stellt.
zum Beitrag