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07.01.2015 , 16:25 Uhr
Ein sehr guter Artikel. Was die Umsetzung der noch ausstehenden Reform betrifft, ist Optimismus leider nicht angebracht, denn der Unwille, Vergewaltiger zu verurteilen, wird in Gerichten weiter bestehen bleiben. Dass dieser Unwille vorhanden ist, lässt sich an den vielen Bewährungsstrafen für Vergewaltiger ablesen (Bewährungsstrafen machen den Großteil der Urteile bei Verurteilung von sexueller Gewalt aus).
Das BGH spielt eine erschreckend täterfreundliche Rolle. Denn es gab ja bereits 1997 eine Gesetzesreform, mit der die Lage für Betroffene von sexueller Gewalt verbessert werden sollte. Durch die Gesetzesauslegungen des BGH wurden die Forschritte allerdings nicht nur rückgängig gemacht, sondern faktisch der Maßstab für eine Verurteilung erhöht. So ist der Anteil von Verurteilungen angezeigter Vergewaltiger von ca. 25% Mitte der 80er auf 13% im Jahr 2005 gesunken. Inzwischen liegt die Rate bei 8% (2014). Gut nachvollziehbar ist die Rolle des BGH hier beschrieben: https://dieausrufer.wordpress.com/2012/09/15/den-fluchtweg-nicht-geplant/ .
Daß Maas nun eine Umfrage bei den Ländern macht, ob eine Reform notwendig ist, zeigt, wie groß der Unwille ist, am derzeitigen Täterrecht tatsächlich etwas zu ändern und das Recht von Vergewaltigungsopfern Ernst zu nehmen. Denn Maas hat bereits im vergangenen Jahr die Fallanalyse des bff erhalten, in dem drastisch und deutlich nachvollziehbar dargelegt wird, wie unzumutbar und ungerecht die derzeitige Lage für Betroffene von sexueller Gewalt ist (abrufbar hier: http://www.frauen-gegen-gewalt.de/fallanalyse-zu-schutzluecken-im-sexualstrafrecht.html).
Die Zähigkeit, mit der sich hier seit Jahrzehnten gegen Veränderungen gestemmt wird, ist erschreckend. Umso wichtiger, daß die Medien am Ball bleiben.
zum Beitrag13.08.2014 , 18:21 Uhr
Das Nordische Modell beruht auf der ausführlichen Befragung von Frauen in der Prostitution: http://frauensindkeineware.blogspot.de/2014/02/ihr-hort-betroffene-gar-nicht-an.html. Und wie gesagt, wird es weiterhin von aktiven und ausgestiegenen verteidigt: http://www.nätverketpris.se/start-english.html.
Die Prostitution kann nicht "unsichtbar" sein, weil die Frauen von den Freiern gefunden werden müssen. Und so schlau wie Freier ist die Polizei wahrscheinlich auch.
zum Beitrag13.08.2014 , 17:55 Uhr
5) Dass der Menschenhandel in Schweden gestiegen ist, ist eine falsche Behauptung, für die nicht nur ein Nachweis fehlt, sondern für deren Gegenteil es Belege gibt. So konnte die schwedische Polizei Telefonate von Menschenhändlern abhören, die Schweden als Markt abhakten. Diesen Weg muß ganz Europa gehen, um der Verlagerung der Menschenhandels-Märkte entgegenzuwirken.
6) Die Evaluation in Norwegen, wie das Sexkaufverbot wirkt, hat positive Resultate gebracht: http://abolition2014.blogspot.de/2014/08/evaluation-des-norwegischen.html
7) Viele Überlebende des Systems Prostitution setzen sich für ein Sexkaufverbot ein, in Kombination mit guten Ausstiegsprogrammen und beruflicher Förderung. ZB SPACE (Survivors of Prostitution Abuse Calling for Enlightenment): http://spaceinternational.ie/ . In Schweden verteidigen aktive und ausgestiegene prostituierte Frauen das Sexkaufmodell: http://www.nätverketpris.se/start-english.html
8) Gewalt wird in der Prostitution überdurchschnittlich ausgeübt, weil frauenfeindliche Männer dort besonders intimen Zugriff auf Frauen erlangen. Der Gedanke, qua Bezahlung über eine Frau verfügen zu dürfen, wird vor allem von solchen Männern in Anspruch genommen, die dieses Machtgefühl genießen und ausnutzen. Ein Blick in Freierforen, in denen Freier von ihren Erfahrungen berichten und prostituierte Frauen bewerten, ist da sehr aufschlußreich. Gesammelt werden solche Aussagen z.B. hier: http://freiersblick.wordpress.com/. Das englische Projekt: http://the-invisible-men.tumblr.com/
Erwiesenermaßen interessiert es die Mehrzahl der Freier *nicht*, wenn die Frau ihnen sagt, dass sie dazu gezwungen wird.
zum Beitrag13.08.2014 , 17:53 Uhr
Dolinseks Artikel beruht auf diversen falschen Annahmen:
1) Sexkaufverbot (Nordisches Modell) würde prostituierte Frauen kriminalisieren - das Gegenteil ist der Fall. Die Frauen werden in jedem Fall ENTkriminalisiert und sind gegenüber dem Freier in der besseren, im Vergleich zu vorher ausgeglicheneren Position, weil er ohnehin im Unrecht ist.
2) Menschenhandel sei gesunken behauptet Dolinsek - eine leere Behauptung ohne Nachweis. Sie bezieht sich auf Polizeistatistiken, die von der Polizei selbst als nicht aussagekräftig beurteilt werden. Ein realistisches Bild für die Verhältnisse gibt es hier: http://www.kriminalpolizei.de/themen/kriminalitaet/detailansicht-kriminalitaet/artikel/ausser-kontrolle.html. Warum liberalisierte Prostitutionsgesetze und Menschenhandel zusammenhängen, wird hier erklärt: http://ifgbsg.org/unser-standpunkt-zur-prostitution-pro-nordisches-modell/.
3) Dolinsek empört sich über die hohen Strafen bei Verstoß gegen die Sperrgebietsverordnung - aber die geringen Preise, mit denen die Lage der, wie sie sie bezeichnet, Armutsprostituierten ausgenutzt wird, sind ihr kein Ton der Kritik wert.
4) Fatal und das Schlimmste ist die Blindheit von Dolinsek demgegenüber, dass Frauen bei dieser Armutsprostitution zu Sex gezwungen werden, den sie nicht wollen. Das ist Vergewaltigung. Diese stattdessen als Arbeit zu beschönigen ist ein Hohn gegenüber der Tortur, die serielle Vergewaltigung für die Betroffenen bedeutet. Für die meisten nur mithilfe von Dissoziation - Abspalten vom eigenen Körperempfinden - auszuhalten, Langzeitfolge ist Traumatisierung.
zum Beitrag07.08.2014 , 17:31 Uhr
Der Staat ist nicht daran interessiert, Vergewaltigung tatsächlich strafbar zu machen - das zeigt der Artikel gut.
Selbst die seltenen Fälle, in denen es zu einer Verurteilung kommt, bestehen zum überwiegenden Teil aus Bewährungsstrafen. Bis vor nicht allzu langer Zeit galt außerdem ein geringeres Strafmaß, wenn Täter eine behinderte Frau vergewaltigt hatten.
Wir begrüßen, dass die mediale Berichterstattung darauf eingeht. Wichtig ist ebenfalls, einen generellen Bewußtseinswandel zu bewirken und Verharmlosung von sexueller Gewalt als solche zu entlarven und zurückzuweisen. Das tut unsere Initiative in unserem Medienradar: http://ifgbsg.org/medienradar/.
Initiative für Gerechtigkeit bei sexueller Gewalt
zum Beitrag27.07.2014 , 18:35 Uhr
Leider blendet der Artikel elementare Aspekte der Thematik aus und kommt so zu einem unverantwortlichen Schluß.
A) "Sexting" findet in einer sexistischen Gesellschaft statt, in der das Beschämen und Mobben von Mädchen, die sexuell aktiv sind, heftiger denn je wütet. Amanda Todd, eine us-amerikanische Teenagerin, die auf Nachfrage ein Nacktbild versandte, wurde dafür so sehr gemobbt, dass sie es am Ende nicht mehr aushielt und Selbstmord verübte. Darüber brachte die taz leider keinen Artikel, geschweige denn eine umfassende Reflexion. Diese Form von Slut-Shaming ist übrigens kein us-amerikanisches Phänomen, sondern hierzulande wurden z.B. ganze Facebook-Gruppen erstellt, in denen Nacktfotos von Mädchen ohne deren Wissen und gegen deren Willen gepostet wurden. Richtigerweise ging die Staatsanwaltschaft dagegen vor. Betroffene gründeten außerdem die Facebook-Seite "Wir machen unser Maul auf".
B) Pädokriminelle gehen explizit im Internet auf die Suche nach Kindern und Jugendlichen, die sie zum Zuschicken solcher Bilder zu manipulieren versuchen. Sie geben sich dabei als Gleichaltrige aus. Diese Gefahren sind für Kinder und Jugendliche teilweise gar nicht absehbar, deswegen ist Aufklärung und Schutz das, was an allererster Stelle stehen sollte statt des Verharmlosens und Abwiegelns, das hier stattfindet.
Und für eine selbstbestimmt ausgelebte Sexualität ist es nicht nötig, Nacktfotos von sich zu verschicken, denn der ganze Bereich real gelebter Sexualität bleibt offen.
zum Beitrag28.05.2014 , 19:15 Uhr
Frauen als Ware zu betrachten, denen ungewollter Sex noch zu Dumpingpreisen abgehandelt werden kann, wenn sie "nach einer langen Nacht müde" sind und sich dazu wohl nur bereit erklären, weil sie die Wuchermiete für's Bordellzimmer (z.B. Pascha in München 160 €) noch nicht zusammen haben, ist die logische Konsequenz einer zynischen "Verbraucher"haltung. Ja, da wird dann eben auch die Frau billigstmöglich verbraucht. Eine solche Gesellschaft nimmt ganz selbstverständlich die Freierperspektive ein und blendet die Schädigung der Frauen aus, denn es ist das Preis-Leistungs-Verhältnis, das zählt.
Um diesem Blick auf Frauen als zu konsumierende Ware und alle einhergehenden Konsequenzen wie Frauenhandel, Zuhälterei und Gewalt entgegenzutreten, ist die Einführung des Nordischen Modells richtig: Freierbestrafung und Ausstiegsprogramme für die Frauen. Umfragen zufolge wollen nämlich 90% der Frauen in der Prostitution aussteigen.
Warum es wichtig ist, für das Nordische Modell einzutreten: http://ifgbsg.org/unser-standpunkt-zur-prostitution-pro-nordisches-modell/
zum Beitrag07.05.2014 , 21:05 Uhr
Dass die Gesetzeslage hanebüchen ist, stimmt. Vor allem der Bundesgerichtshof sorgt für eine enge Auslegung der "schutzlosen Lage". Allerdings gibt es in der Justiz auch einen Unwillen, Vergewaltiger zu verurteilen und sexuelle Gewalt tatsächlich als Gewaltverbrechen zu behandeln. Denn wenn es zu Verurteilungen kommt, bestehen die meist in Bewährungsstrafen.
Gut erklärt das Problem Ulrike Lembke hier: http://www.lsi-berlin.org/projekte/werkstattgespraeche/termine/wsg-lembke (Link zur MP3 ganz unten) oder auch hier: http://missy-magazine.de/2011/09/23/der-derzeitige-zustand-ist-nicht-hinnehmbar-interview-zum-umgang-des-strafrechts-mit-sexualisierter-gewalt/.
Unsere Initiative setzt sich für Änderungen ein: ifgbsg.org
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