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03.11.2019 , 02:49 Uhr
Dass, wie Reinecke schreibt „radikaler Zweifel nötig ist, auch an dem, was man für völlig selbstverständlich und die einzig mögliche moralische Position hält,“ ist eine Binsenweisheit der Postmoderne. Kaum jemand wird diese Forderung in Abrede stellen, aber zugleich ist dieser Satz für die Diskussion untauglich, denn es geht ja weniger um den Zweifel an sich, sondern darum, was man bezweifelt und welche Schlussfolgerungen aus diesem Zweifel zu ziehen sind. Dass die westdeutsche Linke die Einheit einem gesamtdeutschen Nationalstaat skeptisch gegenüberstand, kann ich nicht als Versagen ansehen. Immerhin erwies sich der 1871 gegründete deutsche Nationalstaat als aggressiv und friedensgefährdend. Reineckes Sicht, die deutsche Teilung sei einzig ein Produkt des kalten Krieges gewesen, scheint mir zu verkürzt. Es gab auch von westlicher Seite Vorbehalte gegen die deutsche Einheit. Die gegenwärtige europäische Einigung stellt ja unteranderem auch einen ein Versuch dar, einen großen deutschen Nationalstaat friedlich in Europa zu integrieren. Letztendlich haben sich die Befürworter der Vereinigung durchgesetzt. Die westdeutsche Linke hat sich dazu passiv verhalten und aus guten Gründen nicht gejubelt Dass sich die westdeutsche Linke in aller Welt engagiert hat, nur nicht in Deutschland, möchte ich auch nicht kritisieren. Dass es bei diesem Engagement zu vielerlei bizarren Verirrungen kam, ist unbestritten, aber das tritt zurück hinter dem wichtigen Blick über den nationen- europa- und klassenspezifischen Tellerrand. Letztendlich macht dieser Blick die Linke offen für radikalen Zweifel „an dem, was man für völlig selbstverständlich (…) hält“. Im Übrigen meine ich nicht, es gäbe nichts an der westdeutschen Linken zu kritisieren. Zum Beispiel denke ich in der Tat, sie hätte sich mehr für die DDR interessieren sollen, nicht aus Liebe zu Deutschland, sondern aus kritischem Interesse am Sozialismus und an den Bedingungen seiner Entwicklung, und seines vorläufigen Scheiterns.
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