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21.02.2021 , 17:42 Uhr
Oh ja, einen offenen Brief statt einer Replik schreiben, wer kennt nicht dieses perfide Instrument des Totalitarismus! (Haben Sie etwa was dagegen, dass man sich per offenen Brief äußert, wenn einem die Qualitätsstandards einer Fachzeitschrift nicht passen? Welche eine totalitäre Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit!) Und wer kennt nicht die Magie der Fußnoten, durch die jeder Text in "Wissenschaft" verwandelt werden kann! Dieses "Totalitarismus"-Gerede hat sich inzwischen so verselbstständigt, dass niemand nur noch annähernd sagen kann, welche Ideologie da genau in welcher totalitären Herrschaft enden soll, wie man sich diesen "Totalitarismus" vorzustellen habe. Mich würde wirklich mal eine detaillierte Beschreibung interessieren, welche Definition von "Totalitarismus" da durch welche Forderungen und Maßnahmen erfüllt wird. Vielleicht wäre allen mal ein Blick in ein wissenschaftliches (!) Werk über Totalitarismus angeraten. Und auch mal ein Blick in aktuelle linguistische Forschung, dann stimmt neben den Fußnoten auch die fachliche Grundlage...
zum Beitrag21.02.2021 , 17:32 Uhr
Da ist mir in der Tat beim Schreiben was durcheinandergekommen - man sollte Originalkommentar und seinen Kommentar noch mal lesen. Da bitte ich um Nachsicht! Ich meine natürlich die unschlüssige, mit lateinkundigen Pseudoargumenten untermauerte "Linguistik" Stöbers, die Sie sich allerdings, so wollte es mir scheinen, zu eigen gemacht hatten (falls nicht: sorry!). Wie dem auch sei, Stöber kann zwar Latein, bringt auch Fußnoten und "Argumente" (wie unten jemand betont - na dann muss es ja gute Wissenschaft sein!), aber was er schreibt, ist eben linguistisch dünn und überhaupt kalter Kaffee. Das lebt eben neben solchen sophistischen Argumenten vornehmlich von seinen Totalitarismusfantasien und ein paar aufgeschnappten Ideen, die schon zigmal in diversen Publikumsmedien standen.
zum Beitrag20.02.2021 , 16:06 Uhr
Ok, also mit viel Latein und Bildungsgeprotze haben Sie letztlich folgendes banales Argument gemacht: Bei Stuhl und Stuhlbein ist der Artikel beliebig, also darf man sich bei Wirt und Wirtin auch nicht so anstellen. Und Leute, die bei der Wirtin an eine Frau denken und bei "Wirten" zunächst an Männer und vielleicht erst später vielleicht an Frauen, oder die in Studien nachweisen, dass man oft so denkt, die können einfach kein Latein und keine Linguistik und sind Blockwarte. Dazu kann man nur sagen: Non sequitur! (Danke, den Artikel von Stöber kennen wir schon...)
zum Beitrag20.02.2021 , 15:52 Uhr
Glauben Sie mir, ich habe Stöbers Text mehr als einmal gelesen, nämlich auf der Suche nach fachlicher Substanz. Aber ich bin eben zu dem Ergebnis gekommen, dass er außer argumentativen Sprüngen auf dünner wissenschaftlicher Basis und maßlosen Übertreibungen wenig zu bieten hat, sondern eben nur die Gegenseite auf eine Weise delegitimiert, die dann manche als Anlass für extreme Gegenwehr nehmen (schließlich geht es ja gegen "den Totalitarismus" - da ist jedes Mittel recht, wie ein Blick in den Posteingang einschlägig Forschender zeigt). Und schauen Sie, Ihr Kommentar bringt uns da leider auch nicht weiter. Bei Formulierungen wie "im gendertheoretischen Sinne rassistisch" rollen sich den Leuten aus der Genderforschung die Zehennägel hoch - was soll das denn bedeuten? Und Sie ersetzen den Nazi- und Kommunismus-Vergleich Stöbers einfach durch Orwell (und "Es werden Wörter in Büchern ersetzt - bei Orwell werden Wörter ersetzt - ergo Totalitarismus" ist auch keine Sternstunde der argumentativen Herleitung). Statt einer Analyse, welche Ideologie denn da welche totalitäre Herrschaft hervorbringen soll, ersetzen Sie einen zumindest realen Vergleich noch durch einen fiktiven, was auch immer damit gewonnen sein soll. Das ist eben die Misere: Leute betreiben seit Jahrzehnten Genderforschung, Rassismusforschung usw. (und man kann im Einzelnen viel kritisieren und es wird dabei sehr viel gestritten), schreiben Bände voll, ringen mit Begriffen. Und dann treten Leute auf den Plan, die sich nicht die Mühe machen, das zu lesen, und werfen stattdessen mit "cancel culture", "Auslöschung" und Orwell-Vergleichen um sich. Statt sich mal die gängigen Beispiele anzuschauen und zu sagen, wann denn eine Kritik von mehr als drei Personen für sie kein "Mob" oder "Shitstorm" wäre (der Stil scheint dabei egal), worin denn genau die Konsequenzen für die "gecancelten" bestehen und wer denn jetzt verpflichtet sein soll, was und wen zu publizieren, einzuladen usw., wenn andere das kritisieren.
zum Beitrag19.02.2021 , 16:51 Uhr
Ja, so einfach kann die Welt sein, wenn man alles in zwei Lager einteilt: Hier der "liberal-aufgeklärte Diskurs einer Fachwissenschaft", dort die illiberalen Dogmatiker*innen, die das mit einer Büttenrede verhindern wollen. Nur dumm, wenn das überhaupt nicht das Anliegen der Kritik an Stöbers Beitrag entspricht. Niemand will ihm verwehren, in der "Publizistik" und andernorts über Gendersternchen zu schreiben. Das Problem lag darin, wie er es tat und wie es von der Zeitschrift durchgewunken wurde: Erstens ohne Argumente, die über das bereits vielfach in den Zeitungen zu Lesende hinausgingen, und ohne ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Forschungsstand - also ein Text, von dem man sich fragt, warum er in einer Fachzeitschrift erscheinen sollte, selbst in einer Rubrik, in der es um Diskussion und nicht um aktuelle Forschungsergebnisse geht. Und zweitens mit einer Rhetorik, mit der er das Bemühen um geschlechtergerechte Sprache (zu dem man ja unterschiedlicher Meinung sein kann) in die Nähe von Totalitarismus rückt (obwohl man wissen kann, dass ich Menschen, die sich wissenschaftlich oder politisch mit Geschlechterverhältnissen befassen, bereits jetzt mit Angriffen konfrontiert sehen, die nicht zuletzt von einer Vorstellung beflügelt werden, im Kampf gegen eine "totalitäre" Strömung sei jedes Mittel recht). Und nebenbei, drittens, bleiben die Bezüge zum Fach, das die Zeitschrift repräsentieren soll, höchst oberflächlich. Es geht darum, dass es bei der Zeitschrift keine Diskussion darum gab, welche Standards ein Beitrag erfüllen muss, um (auch als Debatten- oder "Meinungs-"Beitrag) wissenschaftlichen Ansprüchen zu genügen, um in einer solchen Zeitschrift publikationswürdig zu sein. Und die Kritik fragt, ob man nicht verlangen kann, dass ein Artikel die Gegenseite nicht als totalitär, manipulativ und obendrein dumm verunglimpft und delegitimiert und damit womöglich harte Gegenwehr gegen sie legitimiert.
zum Beitrag