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18.12.2014 , 06:01 Uhr
Und hier meine Replik auf den Zeitartikel:
Liebe Frau Lühmann: Feminismus ist keine Marke – hören Sie auf sich zu beschweren!
Liebe Frau Lühmann,
für Sie ist Feminismus offensichtlich so etwas wie eine weltbekannte urheberrechtlich geschützte Marke. Die unter dieser Marke vertriebenen Produkte finden Sie in der Mehrzahl gut und funktional, sie verbessern den Alltag und umweltfreundlich sind sie noch dazu. Die meisten aus ihrem Freundeskreis sehen das ebenso wie Sie und Sie alle würden diese Produkte an sich gerne kaufen, sie sogar in der Öffentlichkeit tragen und so für sie werben.
Allein: Das Zeug sieht grottig aus, wird peinlich beworben und gilt als extrem uncool – so etwas wollen Sie und Ihre Freunde sich nun wirklich nicht anziehen. Schuld daran sind natürlich die Mitarbeiterinnen des fraglichen Unternehmens. Die versuchen zwar, der traditionsreichen Marke ein neues zeitgemäßes Image zu verpassen, stellen sich dabei aber leider ziemlich blöde an. Die Mitarbeiterinnen verfügen über die heutzutage so notwendige Medienkompetenz, sind allerdings leider wenig intelligent, reichlich infantil und vor allem: ausgesprochen humorlos. Und in den Zeiten von YouTube und Facebook, von„Likes“ und „Shares“ darf eine Firma die will dass junge hippe Leute wie Sie sich mit ihr identifizieren, ihre Produkte vielleicht von Kindersklaven herstellen lassen, Regenwälder abholzen oder Diktaturen unterstützen, aber humorlos sein, das geht nun wirklich nicht!
zum Beitrag18.12.2014 , 06:00 Uhr
Also machen Sie das, was man heutzutage in solchen Fällen eben tut: Sie geben sich als potentielle Kundin zu erkennen und nutzen Ihre geballte Macht als Influencer aus, um den Mitarbeiterinnen der Firma namens „Feminismus“ mal gründlich die Meinung zu geigen, zu erzählen was alles falsch läuft und was es bräuchte, um Sie und Ihresgleichen für die Marke zu begeistern.
Und Sie empfehlen dabei – recht unoriginell – das was man einem Unternehmen eben so empfiehlt, wenn die Produkte stimmen, das Image aber nicht:
1. einen Strategieberater, der sich um eine neue und natürlich vor allem humorvolle Corporate Identity kümmert. Aber Sie wissen selbstverständlich schon, dass ein solcher Strategieberater mit seinen Bemühungen scheitern würde – Humor ist schließlich nicht erlernbar und die besagten Mitarbeiterinnen, haben nun mal keinen.
2. Einen neuen klugen Kopf an der Spitze des Unternehmens, sprich eine „weise Frau“, eine „Führungsgestalt“ und „Intellektuelle“.
Aber Feminismus ist keine urheberrechtlich geschützte Marke, er ist noch nicht mal eine Partei, deren Vertreterinnen um Sie werben, damit Sie sie in gutbezahlte Regierungsämter wählen, er ist – das haben Sie an sich richtig erkannt, aber intellektuell vielleicht doch nicht ganz erfasst – eine gesellschaftliche Bewegung.
Zur Erklärung: Bei so einer Bewegung dürfen alle mitmachen, die sich (wie Sie Frau Lühmann) zu deren grundlegenden Zielen bekennen und sie für wichtig befinden. Und so eine Bewegung ist nur so gut wie die Menschen, die dabei mitarbeiten, nur so humorvoll und so intelligent, wie diejenigen, die sich für sie einsetzen.
zum Beitrag18.12.2014 , 05:57 Uhr
Liebe Frau Lühmann, was der heutige Feminismus am dringendsten braucht, ist keine „weise Frau“ keine „Führungsgestalt“ oder „Intellektuelle“, was er vor allem braucht sind: SIE
– Sie und all die anderen, die immer wieder betonen, sie würden ja gerne Feminist(in) sein, wenn der Feminismus nur erst mal so wäre, wie sie ihn sich wünschen.
Und zwar nicht dafür, dem Diskursgespenst „über den rauchenden Kopf zu streichen und es [zu] bitten, sich erst mal wieder zu sortieren, bevor es weitergeht“, sondern um all das zu tun, was Sie so wütend einfordern.
Was der Feminismus braucht, ist dass Leute wie Sie Ihre Konsumhaltung ablegen und statt sich nur zu beschweren, ihren Hintern hoch kriegen. Hören Sie auf, besserwisserisch zu erzählen, wie es richtig ginge, stehen Sie auf und tun Sie es. Was genau hindert Sie daran, sich selbst dem „langwierigen Ringen um feministische Politik in gesellschaftlichen Institutionen auszusetzen“ und Feminismus so zu gestalten, „dass andere Leute auch mitkommen“? (Ich meine jetzt mal abgesehen davon, dass zumindest Ihr Artikel auch nicht gerade einen übermäßigen Sinn für Humor erkennen lässt?)
Falls Sie sich keiner bestehenden feministischen Gruppe anschließen wollen, weil Sie sich mit keiner so recht identifizieren können, gründen Sie doch eine eigene. Wenn Ihnen dazu die Nerven oder die Ressourcen fehlen, würde es schon reichen, wenn Sie als Journalistin sich grundsätzlich zum Feminismus bekennen und für ihn werben (Notfalls fragen Sie Sibylle Berg, die erklärt ihnen bestimmt gerne wie das geht). Und seien Sie dabei ruhig eine Feministin, die vielem was andere Feministinnen machen oder sagen kritisch gegenüber steht.
Wenn Ihnen und ihren Freunden das Gesicht des heutigen Feminismus nicht gefällt, leihen Sie ihm Ihres.
Wenn Ihnen der Ton nicht gefällt, dann sprechen Sie für ihn.
Aber wenn Sie zu all dem keine Lust haben, dann hören Sie gefälligst auf sich zu beschweren!
zum Beitrag