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14.12.2014 , 19:51 Uhr
Davon abgesehen greift meines Erachtens auch die Analyse des zweiten, elliptisch in die Gesamtschau eingeworfenen Zeitfensters, zu kurz: eine Transition wie im postsowjetischen Russland hat in der Türkei so nicht stattgefunden, auch wenn es nicht unwahrscheinlich ist, dass der wenig diversifizierten türkischen Wirtschaft durch die gerade auf ihre Klimax zurasende Immobilien- und Finanzblase noch ein unvorhersehbares Transitionsschicksal bevorsteht. Dennoch kommt der Kern des Problems, immerhin diffus, irgendwie zum Vorschein: die Energieabhängigkeit Europas, vor allem Südosteuropas, von russischem und kaspischem Gas. Wer aber den Kern des Problems beschreiben will, täte gut daran, an der Kernprägnanz von den "Marginalen" aus zu arbeiten - waren es nicht oft die "Marginalen", die zentristische Ordnungen zum Wanken oder Einsturz brachten. Zu kurz kommt zum Beispiel, wo es der "Europäischen Union" sonst noch an Visionen mangelt: auf dem Balkan und im Kaukasus. Mein bescheidener Eindruck nach meiner Reise durch den "südlichen westlichen Balkan" ("Westlicher Balkan" an sich ist ein peinlich behelfsmäßiger Begriff, dem es an sich schon an jeder Randschärfe mangelt, da man sich fragt, was denn der nie erwähnte östliche oder südliche Balkan sein könnte) während der vergangenen Wochen ist, dass die EU kaum noch sichtbar ist. Makedonien etwa erscheint wie ein Annex der Türkei, und ich muss sagen, dass die Softpower der Türkei in den meisten Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens sehr erfolgreich und klug ist. Russland wiederum ist in Serbien sehr präsent, Bulgarien habe ich nicht bereist. Mein Résumé ist erst mal, dass die EU schlampig arbeitet, und das ist in diesem Fall fahrlässig.
zum Beitrag14.12.2014 , 19:50 Uhr
Zuallererst sind die historisierenden Prämissen dieses Artikels eine Klitterung: Russlands (und Preußens!) Präsenz in Polen einerseits, und des Osmanischen Reichs auf dem Balkan als "europäisches Kerngebiet" andererseits, können auch mit viel Wohlwollen nicht als Parallele im Sinne des Autors gelesen werden. So waren Balkanstädte wie Edirne, Skopje und Prizren Jahrzehnte vor Istanbul osmanisches Kernland. Diese Auffassung des Raumes ist natürlich kein Zufall, und spiegelt nur noch einmal den containerhaften methodologischen Nationalismus, der selbst in der Islamwissenschaft oft noch zwischen konstruierten kulturalistischen Trennlinien teilt. Mir muss außerdem entgangen sein, dass "Europa" (als hätte es "Europa" als politisches Gemeinschaftsprojekt vor Ende des 2. Weltkrieges je gegeben?) "jahrhundertelang mit zwei autokratischen, tendenziell reformunfähigen Militärmächten konfrontiert" war, ohne die intensiven Beziehungen zwischen Preußen und den beiden "reformunfähigen Militärmächten" zumindest zu erwähnen - gerade auf dem Gebiet der Militärreformen, die in beiden (späten) Imperien ohne die Gesamtfiguration, wie bei Immanuel Wallerstein beschrieben, und besonders ohne Preußens Engagement, nicht zu verstehen sind. Man lese sich nur einmal kurz in das russische Militärvokubal mit all seinen deutschen Lehnübersetzungen ein, oder beschäftige sich mit Freiherr Colmar von der Goltz' Rolle in den spätosmanischen Militärreformen. Man hat sich eben NICHT nur konfrontativ gegenübergestanden, und es gäbe der Beispiele mehr.
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