Profil-Einstellungen
Hier könnten Ihre Kommentare stehen
Herzlich willkommen.
Auch Sie haben eine Stimme und auch die soll gehört und gelesen werden.
Hier werden alle Kommentare gesammelt, die Sie verfassen. Außerdem können Sie Kontaktmöglichkeiten hinterlegen und sich präsentieren.
Wir freuen uns, wenn Sie die taz.kommune mit Ihren klugen Gedanken bereichern.
Viel Freude beim Lesen & Schreiben.
meine Kommentare
20.04.2024 , 11:21 Uhr
Ich verstehe ehrlich gesagt überhaupt nicht, was Ihre Probleme mit dem Text sind, weil er die Positionen der Teile der Linken, die er meint und attackiert, im Text doch klar andeutet. Das sind eben die, die den Terrorakt bejubelten, die Hamas tatsächlich als Befreiungsorganisation deuten, "decolonisation is not a metaphor" für einen unglaublichen bedeutsamen und "frechen" Sinnspruch hielten, die die bloße Existenz Israels als "Siedlerkolonialstaat" ablehnen und pauschal verteufeln etc etc. Diese Leute gibt es doch de facto, gerade auf der internationalen Bühne, in großer Anzahl. Wollen Sie das irgendwie bestreiten? Sie jammern (ich stimme anderen hier zu, das wirkt tatsächlich eigenartig überempfindlich), dass damit "die Linke" verallgemeinert werden würde, dabei tut der Text das m.E. gar nicht. Er erinnert vielmehr an selbstkritische linke Traditionen, die vorbeugend vor solchen Verirrungen wirken und auch in der heutigen Situation fruchtbar werden könnten. Sie distanzieren sich doch von den gemeinten Positionen, warum reagieren Sie dann so - mit Verlaub - pampig, dass die Leute, die diesen Unfug aber in der Tat verzapfen, in dem Artikel ziemlich direkt und bewusst einen draufbekommen? Sehen Sie das trotzdem irgendwie als einen Angriff auf ihre "linke Identität" oder so? Wie gesagt, ich verstehe Sie nicht. Eher bekommt man fast den Eindruck, dass viele, wenn sie unter Kritik geraten, oder das Diskursklima situativ für sie ungünstig ausfällt, ihre Positionen opportunistisch runterspielen - denn sonst müssten Sie doch mit der Kritik an diesen Leuten durchaus einverstanden sein, würden nicht völlig aus dem Haus fallen, dass solche Positionen in der Linken überhaupt verortet werden, und würden kaum negativ reagieren, oder etwa nicht? Sie wären dann ja überhaupt nicht mitgemeint - und die meisten hier kriegen das ja auch nicht ins falsche Halsloch.
zum Beitrag19.03.2024 , 03:14 Uhr
Ein deprimierender Aspekt des vieldiskutierten Ärgers mit der "identity synthesis" ist, dass man ja intuitiv dazu neigt, die Probleme mit den theoretischen Grundlagen ein wenig zu verklären, etwa so: eine unschuldige Elfenbeinturmwelt von sehr komplex denkenden, "nuancierten" und zutiefst ethisch in sich selbst ruhenden Geistern wurde von nicht ganz so intellektuellen Eiferern und Epigonen und einem nach Trends gierigen Mode- und Lifestylediskursbetrieb von tumblr bis buzzfeed schlicht so verzerrt und missverstanden und anschließend verramscht, dass wir die Phänomene, die uns stören, von den Theoremen vollkommen lösen und einfach die Bücher aus der Schusslinie nehmen können. Ich neige eher dazu nicht anzunehmen, dass Mounk das tut, sondern dass er eher versucht, in dem Buch einen diplomatischen Ton zu wählen, was ich auch ethisch und taktisch für richtig halte. Aber man kommt nicht umhin zu registrieren, dass es eine Häufung von Vorfällen und befremdlichen Äußerungen und Positionierungen schon bei den Vordenkern gegeben hat, die durchaus an die derzeitigen Hysterien und Bizarrheiten erinnern. Judith Butler ist sicherlich der erste Name, der einem dazu jetzt einfällt, aber man könnte auch an Foucaults Haltung zur iranischen Revolution denken, an die Terrorismusverklärung von Spivak sowie an bestimmte Narrative, die Said in seinen Büchern sehr bewusst konstruiert hat. Ja, er hat sich mitunter mäßigend geäußert am Ende, aber war das wirklich tiefe Überzeugung, oder taktische Zurückhaltung, weil er die Atmosphäre nicht oder noch nicht für eine schärfere öffentliche Lesart seiner Ideen geeignet hielt? Sie nahmen in ihren Haltungen und Positionen durchaus vieles vorweg und spiegelten vieles wider, Butler ja auch heute ganz deutlich. Man kann sich vielleicht darauf einigen, dass es Bewahrenswertes an den Werken gibt, aber ganz klar auch Dinge, denen eigentlich schon viel früher mit mehr kritischer Distanz hätte begegnet werden sollen.
zum Beitrag14.03.2024 , 12:38 Uhr
Ich würde bei Butler eher nicht über jedes Stöckchen springen, das sie hinterher jedweder Kritik hinhält. Wenn es etwas auszusetzen gibt, habe man sie einfach nur nicht richtig verstanden, aus dem Kontext gerissen etc. etc., jaja. Doch, wir verstehen gut. Wir verstehen, wie man innerhalb eines geisteswissenschaftlichen Duktus sich hinter einer Rhetorik der Uneindeutigkeit verstecken kann, wie man die Punkte, die kritisch überprüft werden könnten und sollten, immer im Medium des Andeutens, nebulösen Implizierens kommuniziert - man kann so genau den Mist verbreiten, für den einen die eigenen Fans natürlich lieben werden, der einem in klarer Sprache aber natürlich um die Ohren fliegen würde. Und so hinterher immer ein Schlupfloch finden, man hätte das ja alles nicht so gemeint und Kritiker sieien allesamt geistlose Kretins. Rinse and Repeat. Hat übrigens öfters schon so funktioniert bei postmodernen Stars - als man Foucault auf die antiaufklärerischen Implikationen seiner Theorien ansprach, gab er sich auf einmal als missverstandenen Kant-Fan und Vertreter der Moderne und niemand verstehe, was er *wirklich* meinte und schreiben wollte. Doch doch, wir verstehen, und die Widersprüche verschwinden mit diesen Mätzchen trotzdem nicht. Das mit dem Wegflutschen und -glitschen klappt nur bei den Fans...
zum Beitrag07.03.2024 , 09:35 Uhr
Das Phänomen, das der Artikel beschreibt und das Theaterstück anscheinend in den Blick bekommen will, grassiert sehr deutlich auch in zeitgenössischer Popkultur/Fankulturen; man kann diese Mechanismen dort fast wie in einer Petrischale ganz genau "at work" beobachten. Das Interessante daran ist zu sehen, dass in diesen Kreisen durchaus ein zeitgeistiger, in einem oberflächlichem Sinne "woker" Umgang gepflegt wird; anti-sexistische und anti-rassistische Haltungen weniger als komplex reflektierte Perspektive, sondern als "guter Ton", zu dem man sich zu bekennen hat, aber auch oft schlicht opportunistisch eingesetzt wird, um beefs zwischen Gruppen, die eigentlich viel trivialere Ursachen haben, nachträglich zu legitimieren. Wenn die bevozugte fiktive weibliche Figur oder reale female celebrity der Popularität und der Aufmerksamkeits-Attraktivität einer anderen überlegen ist, oder bedrohlich wird, einem "ship" im Wege steht, dann werden alle Register gezogen, um sich für die eigene Aggression ein "woke" klingendes, oder pseudofeministisches Narrativ aus dem Hintern zu ziehen. Dieser Charakter "repräsentiert nicht normale Frauen", sei eine "girlboss-Fantasie", eine "angepasste Hausfrau" etc. etc. Meistens machen diese Attacken aus einer nüchternen und unvoreingenommenen Lesart des Zankgegenstandes kaum Sinn, da immer wieder reflexhaft stereotype Abwertungsroutinen falsch projiziert und runtergenudelt werden, ohne die noch großartig mit der Realität abzugleichen. Und am Ende degeneriert das Ganze gerne einfach doch wieder zum guten alten Klassiker slut-shaming - oder benutzt dann eben mehr oder weniger versteckt wieder die ganze Palette von Themen und Sprache traditioneller männlicher Misogynie und reaktionärer historisch verhärteter Sexismen, um dem eigenen Vernichtungsinstinkt Luft zu verschaffen.
zum Beitrag01.03.2024 , 00:29 Uhr
Die Rechten sind hier das größte und offensichtlicheste Problem, sie können vom eingegerbten Sexismus des Klein- und Wutbürgers offen zehren und ihn als *gesunden Menschenverstand* in neuen Schläuchen verkaufen und ausschlachten. Aber man sollte auch nicht unterschätzen, wie sehr es einen internationalen Trend zum Misogynen und zur Antipathie gegen so ziemlich jede Ausdrucksform von feministischer Modernisierung der letzten Jahrzehnte auch in Teilbereichen der Linken (oder zumindest in linksrhetorischen Verpackungen) zu beobachten gibt. In der Anglosphäre haben Incels und Incel-artige längst verstanden, dass ihr Groll sich gut hinter progressiven Scheinvorwänden verstecken lässt, sie driften teilweise nach links. Es gibt Versuche, antifeministische Parolen in marxistische Schwurbel-Verpackungen zu kleiden. Und um es mal beim Namen zu nennen - die Mainstream-Facetten der Linken kennen so ziemlich keine ihrer tradierten Engagements, für die sie mittlerweile so wenig zu begeistern sind wie für Frauenrechte. Auf 'woker' Seite reagiert man oft mit versteckter Ablehnung, weil bei allem Intersektionalitätsgerede nun mal letztzendlich doch bestimmte Diskriminierungsformen im Vordergrund stehen sollen, und dadurch potentielle Bedrohungen in solchen Fragen erspürt werden; auf "tankies" wirkt die Fragestellung aus bekannten Gründen im Grunde dekadent. Einfach mal drauf achten, wie viele auch hier im Kommentarbereich jedesmal eigentümlich stumm bleiben oder sofort mit irgendeiner "wichtigeren" Frage oder "gravierenderem" Diskriminierungsthema zu derailen versuchen, wenn Frauenrechte und Frauenfragen in einem Artikel hauptfokussiert werden.
zum Beitrag