Neonazi-Aufmarsch in Münster: Knüppelnde Polizisten
In Münster schlagen Polizisten einen Gegendemonstranten krankenhausreif, der gegen eine rechtsextreme Kundgebung auf die Straße gegangen war.
BOCHUM taz | Überschattet von Polizeigewalt haben sich in Münster fünf- bis siebentausend Menschen einem Aufmarsch von Neonazis entgegengestellt. Polizisten seien „mit Schlagstöcken, Pfefferspray, Hunden und zu Pferd“ auf BürgerInnen losgegangen, die friedlich gegen die Rechtsextremen protestieren wollten, sagte ein Sprecher des Bündnisses Keinen Meter den Nazis der taz. Ein zur Antifa-Szene zählender Demonstrant wurde bei seiner Festnahme offenbar derart zusammengeschlagen, dass er mit Verdacht auf ein Schädel-Hirn-Trauma auf die Intensivstation eingeliefert werden musste.
„Völlig inakzeptabel“ sei das harte Vorgehen der Beamten, klagt auch Ingrid Remmers, Bundestagsabgeordnete der Linkspartei: Die Parlamentarierin wurde nach eigener Aussage ohne jeden Grund von einer Polizistin geschlagen – und dann unter dem Vorwand festgenommen, sie selbst habe Gewalt angewendet. Im Polizeipräsidium habe sie sich nackt ausziehen müssen, klagt Remmers: „Selbst mein BH wurde mir weggenommen – mit der Begründung, ich könne mich in der Zelle erhängen.“
Zu der rechtsextremen Kundgebung hatten sogenannte Freie Kameradschaften mobilisiert. Als Anmelder fungierte der 24-jährige Sascha Krolzig, der sich selbst einen „bekennenden Nationalsozialisten“ nennt. Dem Nachwuchs-Führungskader folgten aber nur 250 bis 350 seiner „Kameraden“.
In Chemnitz droht am Montag ein weiterer Neonazi-Aufmarsch: Dort wollen die Volksverhetzer den 67. Jahrestag der Bombardierung für ihre Propaganda instrumentalisieren. Auch dort hat ein breites gesellschaftliches Bündnis zu Gegendemonstrationen aufgerufen.
In Münster dagegen stehen die vom grünen Polizeipräsidenten Hubert Wimber geführten Beamten in heftiger Kritik. Die Polizei habe nicht wie versprochen „den friedlichen Protest“ gegen die Rechtsextremen, sondern die Neonazis geschützt. Denen ließ Wimber die Straßen des bürgerlichen Rumphorstviertels mit einem Räumpanzer und zwei Wasserwerfern freiräumen.
Erst die „massive Gewalt“ der Polizei habe den Neonazi-Aufmarsch überhaupt ermöglicht, klagen Bündnisvertreter. „Protest wird kriminalisiert und den Nazis der Weg freigeknüppelt“, findet die Linkspartei-Abgeordnete Remmers – und denkt über eine Anzeige gegen die Polizei nach.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“