Aldi tankt auf

E-MOBILITÄT Der Lebensmitteldiscounter Aldi Süd stellt an 50 Filialen Ladesäulen für Elektrofahrzeuge auf. Kunden können dort kostenlos grünen Strom beziehen. Ökologisch sinnvoll oder ein Image-Gag?

BERLIN taz | Die Idee ist naheliegend: Kunden, die mit einem Elektroauto oder -fahrrad zum Supermarkt kommen, können die Batterien ihrer Fahrzeuge während des Einkaufs aufladen. Wenn dann noch der Strom aus Sonnenkollektoren vom Dach der Kaufhalle stammt und die Energie für die Kunden kostenlos ist, spricht aus ökologischer und Verbrauchersicht kaum etwas gegen diese Verbindung von Einzelhandel und Elektromobilität – selbst wenn die beteiligten Firmen, Aldi Süd und RWE, nicht gerade als Vorreiter in Sachen Umweltschutz bekannt sind.

Er freue sich, „einer der ersten Kunden zu sein“, sagte jedenfalls der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) im Juni bei der Eröffnung einer Ladestation auf einem Aldi-Parkplatz in Stuttgart. Um die Elektromobilität voranzubringen, sei es ein wichtiger Baustein, die Zahl der Ladestationen zu erhöhen. „Die Unterstützung einzelner Unternehmen ist ein wertvoller Beitrag zum Ausbau der Elektromobilität.“

Insgesamt will Aldi Süd rund 50 Ladestationen in Ballungsgebieten wie Düsseldorf, Frankfurt am Main, Köln, München und Stuttgart errichten. Kundinnen und Kunden können damit während ihres Einkaufs ihr Elektroauto oder Elektrofahrrad kostenfrei und ohne Registrierung aufladen. Nach Firmenangaben bieten die Schnellladestationen in 30 Minuten eine Reichweitenverlängerung von bis zu 80 Kilometern bei Elektroautos und bis zu 8 Kilometern bei Elektrofahrrädern. Zeitgleich können demnach ein Auto und drei Fahrräder aufgeladen werden.

Für das Projekt investiert Aldi nach eigenen Angaben 2,2 Millionen Euro; die laufenden Betriebskosten betragen jährlich rund 27.000 Euro zuzüglich der verbrauchten Strommengen. Die Schnellladesäulen des Zulieferers RWE verfügen über alle gängigen Anschlüsse. Der Strom, den die Firma nicht an Fahrzeuge abgibt oder sonst selbst verbraucht, wird ins Netz gespeist. „Mit dem deutschlandweit öffentlich zugänglichen Ladenetzwerk für Elektrofahrzeuge und -fahrräder möchten wir unseren Beitrag zur Energiewende verstärken und die Elektromobilität fördern“, sagte eine Firmensprecherin auf Anfrage. Je mehr Elektrotankstellen es in Deutschland gebe, desto leichter werde den Menschen die Entscheidung für ein Elektrofahrzeug fallen.

Auch Gerd Lottsiepen, Autoexperte des ökologischen Verkehrsclubs Deutschland, begrüßt die Initiative. „Im öffentlichen Raum Ladesäulen zu errichten, ist teuer“, sagt Lottsiepen. Wenn sich Unternehmen daran beteiligten, sei das eine gute Sache. Schließlich könne die Elektromobilität in Deutschland nur gefördert werden, wenn es auch genügend Stromtankstellen gebe.

„Dass das Unternehmen das Ganze auch nutzt, um das eigene Öko-Image aufzupeppen, kann man der Firma nicht vorwerfen.“

Und schließlich sei es, vermutet Lottsiepen, nicht unbedingt selbstlos, dass Aldi Süd den Strom verschenke: „Wer extra zum Tanken kommt, möchte sein Fahrzeug sicher vollladen – und entsprechend lange einkaufen.“ RICHARD ROTHER