THEATER

betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Es ist Sommer, zumindest kalendarisch. Wettertechnisch könnte man mitunter auch zu anderen Schlüssen kommen. Wie gut also, dass auch in unseren postdramatischen Zeiten das Theater immer noch von den alten Illusionen leben kann. Im Wedding zum Beispiel, genauer gesagt im Prime Time Theater. Da fährt die berühmte Theatersoap „Gutes Wedding, Schlechtes Wedding“ mit Ausgabe 99 nun in den Sommerferien raus aufs Land: Das junge Pärchen Jutta und Üwele reist also zu Bauer Siggi in die Uckermark. Aber weil wir natürlich im schrillen Comedy-Format sind, ist das alles andere als romantisch, kommen allerhand Lebenslügen auf den Tisch. Klischees und Wahrheit, Vorurteile und Vergnügen, derbe Komik und subtile Beobachtungsgabe machen die ziemlich einzigartige Mischung dieses Volkstheaterdauerbrenners mit seinen schrägen und völlig überzogen gespielten Charakteren aus. Alleinautorin Constanze Behrends wurde für die nun schon seit elf Jahren laufende Theater-Sitcom in diesem Jahr mit dem Jürgen Bansemer & Ute Nyssen Dramatikerpreis ausgezeichnet (Prime Time Theater: „Gutes Wedding Schlechtes Wedding – Honeymoon in Haßleben“, ab 26. 6., 20.15 Uhr).

Lebenslügen ganz anderer Art behandelt das neue Stück des 1982 geborenen Dramatikers Sascha Hargesheimer „Archiv der Erschöpfung“, das am 25. Juni im Rahmen der Autorentheatertage am Deutschen Theater wird. Es geht um eine Stadt und viele verlorene Hoffnungen, die Menschen an sie als Heimat knüpfen. Verhandelt werden Verrat und Tristesse, Verantwortung, Flucht und Heimkehr. Alles beginnt, wo es immer beginnt: am Esstisch einer Familie. Wie es endet – ja, das werden wir dann im Theater sehen. Es inszeniert die Regisseurin Friedericke Heller. Die Musik hat Peter Thiessen von der Hamburger Band „Kante“ komponiert – die schon zu vielen Arbeiten dieser Regisseurin die Musik machte (Deutsches Theater: „Archiv der Erschöpfung“, Premiere 25. 6., 20 Uhr).

Im Haus der Berliner Festspiele wird am 25. Juni außerdem das spartenübergreifende Performing Arts-Festival „Foreign Affairs“ eröffnet. Und zwar von der traditionsreichen Needcompany um Grace Ellen Barkey und Jan Lauwers. Mit dem Abend „The Time Between Two Mistakes“ wollen sie die Darstellende Kunst selbst reflektieren (Haus der Berliner Festspiele: „The Time Between Two Mistakes“, 25. 6,. 19.30 Uhr). Die Performer von Tim Etchells berühmter Truppe Forced Entertainment zeigen bei den „Foreign Affairs“ derweil als 36 Vierzig-Minuten-Ein-Mann-Performances Shakespeares gesammelte Werke (Haus der Berliner Festspiele: Forced Entertainment, 25. 6.–4. 7., jeweils ab 17 Uhr).