: Senat fängt an zu strampeln
VERKEHR Hamburgs rot-grüner Senat lobt sich für seine zukünftige Fahrradpolitik. Der Nachholbedarf ist erheblich, denn der längst beschlossene Ausbau der Radwege geht bisher ziemlich schleppend voran
FRANK HORCH, VERKEHRS SENATOR
Frank Horch will „jetzt noch ’ne Schippe drauf legen“ beim Radverkehr. Das zumindest kündigte Hamburgs parteiloser Verkehrssenator bei der Vorlage des Jahresberichts zum Radverkehr in Hamburg an. Dieser sei wie im Koalitionsvertrag vereinbart „ein Schwerpunkt“ des rot-grünen Senats, versicherte Horch: „Wir alle wollen grundsätzlich, dass das Radfahren in Hamburg noch selbstverständlicher werden muss.“ Zugleich aber trat er sofort auf die Bremse: „Wir gängeln keine Autofahrer. Radfahren kann man nicht verordnen, wir können nur Angebote und Anreize schaffen.“
Und die bestehen vor allem im Ausbau des Radwegenetzes in gehobener Qualität. Radfahrstreifen auf den Straßen, breitere Wege, verständliche Linienführung, Velorouten sowie lange und breite Fahrradstraßen werden in den kommenden Jahren kontinuierlich ausgebaut werden, so Horchs Staatsrat Andreas Rieckhof (SPD). Das ist auch bitter nötig: Denn von 280 Kilometer Velorouten, die 2008 beschlossen wurden, sind bis heute gerade mal 80 Kilometer fertiggestellt.
Und so rechnet der Senat frühestens ab 2018 mit der im Koalitionsvertrag angepeilten Fertigstellung von jährlich 50 Kilometern neuen oder sanierten Radwegen. Planung, Bürgerbeteiligung und Bau kosteten eben viel Zeit, so Rieckhof. Im Vorjahr wurden gerade mal 23,5 Kilometer Fahrradwege ausgebaut oder instand gesetzt, immerhin sechs mehr als 2013: „Das Tempo zieht an“, frohlockt Horch.
Von einer Verdreifachung des Bautempos in den kommenden Jahren spricht auch der grüne Verkehrspolitiker Martin Bill: „Damit vollzieht Hamburg die Verkehrswende“, jubelt er. Immerhin zwei Fakten könnten dafür als Belege gelten: Das Leihradsystem Stadtrad wuchs: von 306.000 Ausleihen 2009 auf mehr als 2,4 Millionen Fahrten im vorigen Jahr. Im selben Zeitraum vervielfachten sich die Investitionen in Radwege von 2,6 auf 11,4 Millionen Euro.
Während FDP-Verkehrssprecher Wieland Schinnenburg „die fast generelle Verlagerung des Radverkehrs auf die Straße falsch“ findet, kann Heike Sudmann (Linke) „auch unter Rot-Grün keine Offensive für eine Umverteilung im Straßenraum“ erkennen: „Für eine ambitionierte Förderung des Radverkehrs ist die Angst vor der Autolobby zu groß.“ SVEN-MICHAEL VEIT