Die Einsichtige

Als Andrea Voßhoff (Foto) im Dezember 2013 zur Bundesbeauftragten für den Datenschutz gewählt wurde, waren professionelle Datenschützer und Aktivisten gleichermaßen entsetzt. Denn die ehemalige CDU-Abgeordnete war eine Befürworterin der Vorratsdatenspeicherung. Damit galt sie als krasse Fehlbesetzung für dieses Amt.

Voßhoff war erst mal beleidigt. „Alle Politiker bekommen hundert Tage Zeit, um sich einzuarbeiten, aber über mich sind alle gleich hergefallen.“

Doch inzwischen ist die Juristin im neuen Amt angekommen. Als die 56-Jährige diese Woche in Berlin erstmals ihren Tätigkeitsbericht vorstellte, gab es kaum noch kritische Fragen. Die meisten Journalisten akzeptieren sie jetzt als Fachfrau.

Dass sich das Bild von Voßhoff so geändert hat, liegt ausgerechnet an der Vorratsdatenspeicherung, ihrer vermeintlichen Schwachstelle. Denn aus einer oberflächlichen Befürworterin ist inzwischen eine überzeugte Gegnerin geworden.

Doch ist sie keine Opportunistin, die lediglich ihrem neuen beruflichen Umfeld nach dem Mund redet. Sie kann durchaus nachvollziehbar begründen, warum sie ihre Position um gut 180 Grad gewendet hat. Und das hat vor allem mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu tun, der im April 2014 – also nach ihrem Amtsantritt – die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für nichtig erklärte.

„Mit den strengen Auflagen des EuGH kann eine Vorratsdatenspeicherung nicht mehr den Effekt erzielen, den die Sicherheitsbehörden ursprünglich erreichen wollten“, so Voßhoff. „In der Abwägung ist eine Vorratsdatenspeicherung deshalb unverhältnismäßig.“ Jetzt müssten nur noch Bundesregierung und Bundestag auf sie hören. CHRISTIAN RATH