: Kleine Revolution in Kopenhagen
DÄNEMARK Knapper Sieg für den rechten Block bei den Parlamentswahlen
AUS STOCKHOLM REINHARD WOLFF
Erdbeben“ und „gefährliches Experiment“. So versuchten dänische Medien am Freitag das Ergebnis der Parlamentswahl vom Vortag auf den Punkt zu bringen. Dabei ist oberflächlich nicht viel passiert. Ein knapper Vorsprung, den der „rote Block“ 2011 erzielt hatte, drehte sich zu einem ähnlich knappen Sieg für den rechten, den „blauen Block“. Der hat mit einem Mandat mehr im Folketing die Nase vorn.
Doch unter der Oberfläche gab es eine kleine Revolution. Rechts verlor die bislang stärkste Partei des Landes, die rechtsliberale Venstre, mit einem Rückgang auf 19,5 Prozent mehr als jeden vierten Wähler; sie ist nur noch drittstärkste Kraft. Ähnlich erging es ihrem Koalitionspartner, den Konservativen, die mit 3,4 Prozent froh waren, noch über die 2-Prozent-Hürde kriechen zu können.
Paradoxerweise wird aller Voraussicht nach der große Wahlverlierer, Venstre-Chef Lars Løkke Rasmussen, Ministerpräsident werden. Die vier Parteien des „blauen Blocks“ hatten sich auf ihn als Herausforderer der bisherigen Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt geeinigt. Diese machte zwar ihre Sozialdemokraten mit 26,3 Prozent zur stärksten Partei, aber wegen des Verlusts für den „roten Block“ zog sie noch in der Wahlnacht die Konsequenzen und verzichtete auf den Parteivorsitz.
Dänemarks neuer „starker Mann“ wird Kristian Thulesen Dahl heißen. Unter ihm konnte die rechtspopulistische Dänische Volkspartei ihren Stimmenanteil mit 21,1 Prozent nahezu verdoppeln und ist zweitgrößte Partei. Sie profitierte davon, dass sich auch die Sozialdemokraten auf einen Wettlauf um das restriktivste Ausländerrecht einließen. Einwanderungskritische WählerInnen stimmten offenbar gleich für die Rechtspopulisten.
„Für Dänemarks Glaubwürdigkeit ist das Ergebnis das schlimmstdenkbare“, kommentiert die liberale Politiken. Im Erfolg einiger kleinerer Parteien glaubt der Staatswissenschaftler Rune Stubager eine „Rückkehr der Ideologie in die dänische Politik“ erkennen zu können. Während im „roten Block“ die linksliberalen „Radikalen“ und die Linkssozialisten jeweils mehr als die Hälfte ihrer Stimmen verloren, reüssierte die „Einheitsliste“. Die Linksaußenpartei ist mit knapp 8 Prozent viertstärkste Partei. Die neue rot-grüne Alternativet („Alternative“) wurde mit knapp 5 Prozent fünftgrößte von neun Parlamentsparteien. Die Alternative will einen Bruch mit neoliberalen Wirtschaftsdoktrinen, eine 30-Stunden-Woche und mehr direkte Demokratie. Dabei orientiert sie sich an Spaniens Podemos.