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Archiv-Artikel

Den Ärger nach Athen tragen

GREXIT In der Griechenlandkrise verlieren Abgeord- nete von Union und SPD die Geduld. Ihre Chefs versuchen den Unmut umzulenken

„Die griechische Regierung handelt höchst verantwortungslos“

GERDA HASSELFELDT, CSU

VON ANJA MAIER

BERLIN taz | „Scheitert der Euro, scheitert Europa.“ Dieses Diktum der Kanzlerin stammt aus dem Jahr 2011. Damals warb Angela Merkel im Parlament für den erweiterten Rettungsschirm. Ihr Koalitionspartner hieß noch FDP, und von der SPD-Bank rief ein gewisser Sigmar Gabriel, Merkel handele in der Euro-Frage verantwortungslos.

Vier Jahre später ist Gabriel Merkels Vizekanzler; und gemeinsam machen sich die beiden nun daran, in der Griechenlandkrise ihre Fraktionen hinter sich zu versammeln. Ein Unterfangen, das seit 2011 nicht einfacher geworden ist, das aber immer notwendiger erscheint.

Das laufende Hilfsprogramm für Griechenland endet am 30. Juni. Ohne weitere Überweisungen der internationalen Geldgeber droht dem Land der Bankrott und somit ein Ausscheiden aus der Währungsunion. Diesen Grexit aber – siehe Merkels Zitat – gilt es unbedingt zu verhindern.

Immer mehr Abgeordnete signalisieren mittlerweile, dem Kurs der Kanzlerin im Fall einer Abstimmung nicht mehr folgen zu wollen. Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach hat bereits deutlich gemacht, er werde sein Mandat niederlegen, sollte ein weiteres Rettungspaket für Griechenland beschlossen werden.

Für zusätzlichen Zeitdruck sorgt zudem, dass das Zeitfenster für eine Zustimmung des Bundestags zur Änderung des Hilfsprogramms immer kleiner wird. Schon in der Vergangenheit hatte es dafür mehrfach kurzfristig einberufene Sondersitzungen gegeben – zu Recht hatten sich viele Parlamentarier beschwert, binnen kürzester Zeit derart weitreichende Entscheidungen treffen zu sollen.

Führende Unionspolitiker versuchen nun, ihre Kanzlerin aus der Kritik herauszuhalten, indem sie mit dem Finger auf die Regierung in Athen zeigen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, sagte am Dienstag in Berlin, er sei sich „nicht mehr sicher, ob die griechische Regierung Schaden von ihrem Volk abhält“. Die permanente Verweigerungshaltung „dieser Links-rechts-Regierung“ sei für viele in der Unionsfraktion „nur noch schwer nachzuvollziehen“.

Ähnlich äußerte sich auch CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. „Die griechische Regierung handelt in höchstem Maß verantwortungslos gegenüber dem eigenen Land und gegenüber der eigenen Bevölkerung“, sagte sie vor Journalisten. Darüber, ob Griechenland aus dem Euro ausscheiden müsse, würden allein die Griechen selbst entscheiden.

Unionsfraktionschef Volker Kauder äußerte sich moderater. „Wir sind eine professionelle Truppe“, sagte er. Die griechische Regierung sei sich durchaus ihrer Verantwortung bewusst. „Die Entscheidung kommt auf uns zu, und dann werden wir schon den richtigen Weg finden.“ Kauder räumte aber auch ein, dass nicht alle Unionsabgeordneten für einen Verbleib Griechenlands in der Eurozone seien – „aber doch die allermeisten“.

Gut möglich, dass die Regierung noch vor der Sommerpause eine Zustimmung des Parlaments braucht. Planungen dafür sind laut CSU-Parlamentsgeschäftsführer Max Straubinger aber noch nicht angelaufen. „Es gibt keine Vorbereitungen und auch keine Diskussionen über Sondersitzungen. Sollten Sondersitzungen notwendig sein, dann werden sie gemacht“, sagte der CSU-Politiker. „Wir sind auch in der Lage, schnell zu handeln.“ Die letzte Sitzung vor der Sommerpause findet am 4. Juli statt.